Kolumne: Finanzielle Triage (Peter Dobcak)

Anna-Lena Seeber

Peter Dobcak, Obmann der Fachgruppe Gastronomie © Sophisticated Pictures

Gerne verwendet unser geschätzter Vizekanzler Begriffe aus der Medizin, um das Bemühen der Regierung die Wirtschaft am Laufen zu halten, bildlich darzustellen. Da ist von Liquidität die Rede, die Infusionen gleich in die Wirtschaft gepumpt werden sollen, um den Blutkreislauf derselben aufrecht zu erhalten. 15 Milliarden an Krediten und 9 Milliarden an Haftungen, 2 Milliarden an Steuerstundungen sind die richtige und treffsichere Medizin, die das wirtschaftliche Überleben der Unternehmen sichern soll.

Diverse Pressekonferenzen dienen nicht nur zur Information, sondern auch als Beruhigungsmittel für die betreffende Bevölkerung. Unternehmern und Unternehmerinnen, die nicht mehr wissen wie sie ihre Betriebe retten sollen, werden die erdachten Maßnahmen als lebensrettendes Rezept verschrieben, das bei den Banken, wie in einer Apotheke, nur mehr gegen die Medizin Geld eingetauscht werden muss.

Doch auch die Banken verwenden einen Ausdruck aus der Medizin: Triage. Zur Erinnerung, der Begriff kommt aus dem Französischen und meint laut Wikipedia Einstufung oder Einteilung. Man kann auch Sichtung oder Sortieren sagen.

Es wird den Menschen vermittelt, dass der Staat benötigte Kredite besichert und deshalb, unbenommen der Bonität des Antragstellers, quasi als Bürge, einfach so die Rückzahlung übernimmt, sollte der Kreditnehmer zahlungsunfähig sein. Mich erreichen hunderte Nachrichten und Kommentare über die sozialen Medien mit der Frage warum das so angekündigt wird, die Banken aber reihenweise Kreditansuchen ablehnen?

Das Missverständnis ist leicht aufzuklären, die Konsequenz brutal. Jene Betriebe die vorher schon eine schlechte Bonität hatten, also zu erwarten ist, dass sie zahlungsunfähig werden, bekommen keinen Kredit. Da nützen die besten Haftungen nichts.

Zuerst haftet der Betrieb. Ist Konkurs angemeldet und der Betrieb kaputt, wird auf das private Vermögen des Unternehmers zugegriffen. Erst wenn sämtliches Vermögen des Betreibers eingezogen ist und er de facto völlig nackt dasteht, kommt der Staat mit seiner berühmten Haftungsübernahme für den Rest der aushaftenden Summe auf.

Ganz dem Prinzip der Triage folgend, werden nur solche Unternehmen unterstützt, die an sich wirtschaftlich gesund sind. Der große Rest, mit allen menschlichen Schicksalen dahinter, zählt leider als Kollateralschaden dieser Krise. Die Tourismusbranche gilt nun mal als sehr fremdkapitalintensiv, heißt hoch verschuldet mit dementsprechend geringer Liquiditätsreserve.

Ich bin sehr gespannt, wie die Richtlinien für eine Unterstützung aus dem Notfallfonds am Ende aussehen werden. Operativ durchgeführt wird die Hilfe mittels Krediten über die Hausbank. Aus der Erfahrung der letzten Wochen stimmt das nicht unbedingt zuversichtlich.

Zur Zeit der Finanzkrise wurde die Rettung der Banken von allen Österreichern und Österreicherinnen finanziell geschultert. Den wirtschaftlichen Zusammenbruch, ausgelöst durch die Coronakrise, dürfen die Unternehmer und Unternehmerinnen alleine stemmen. Kriegsgewinner sind damals, wie heute die Banken. Da helfen auch keine Ausreden auf Brüssel und die Basel 3 Richtlinien.

In der medizinischen Forschung spielt die Frage der Ethik eine große Rolle. Bei den Banken offensichtlich weniger.

Euer
Peter Dobcak