Die Gastronomie lebt von jenen, die anpacken, Verantwortung übernehmen und mit Leidenschaft dabei sind. Doch gute Mitarbeiter:innen wachsen nicht von selbst heran. Sie müssen ausgebildet, gefördert – und manchmal auch gefordert werden. In einer Branche, die von Fachkräftemangel und wechselnden Erwartungen geprägt ist, wird die Lehrlingsausbildung zum Prüfstein: Wie gelingt es, junge Menschen für ein Handwerk zu begeistern, das ebenso schön wie herausfordernd ist? Drei Wiener Betriebe geben ehrliche Einblicke in ihre Erfahrungen.

Beef & Glory: Disziplin als Grundrezept
Für MMag. Vlatka Bijelac, Geschäftsführerin von beef & glory, steht eines fest: Ausbildung braucht klare Strukturen.
Die junge Generation ist unsere Zukunft. In meinem Haus arbeiten wir strukturiert, und ich erwarte viel Disziplin. Regeln sind wichtig.
Das beginnt schon beim Auswahlprozess. „Eine Bewerbung bei uns ist kein Zuckerschlecken. Wir bekommen hunderte Bewerbungen, und nur in ein bis zwei davon sehe ich echtes Potenzial.“
Eine Ausbildung dauert drei Jahre – und sie hat bei beef and glory nichts mit Kartoffelschälen zu tun. „Wenn der Chef de Partie einmal auf Urlaub ist, übernehmen die Lehrlinge auch dessen Aufgaben. Sie bekommen direktes Feedback. Wir drillen sie so zu sagen wie beim Bundesheer.“
Für Bijelac ist Ausbildung ein Prozess, der fordert und formt. „Ich finde es problematisch, dass Lehrlinge nach zwei oder drei Monaten gar nicht mehr gekündigt werden dürfen, außer sie verstoßen grob gegen Regeln. Sie sind sehr geschützt – das kritisiere ich. Sie sollen um ihren Arbeitsplatz kämpfen und verstehen, dass sie Verantwortung tragen.“ Auch die Rolle der Eltern sieht sie kritisch: „Wenn jemand in drei Wochen nur zweimal erscheint, sollten die Eltern zumindest anrufen und sagen, er oder sie liegt krank im Bett. Es geht nicht nur um Rechte, sondern auch um Pflichten.“
Beef & glory hat in den vergangenen Jahren mehrere Lehrlinge ausgebildet, aktuell jedoch keine. Der Anspruch bleibt hoch – und die Haltung klar: Förderung braucht Konsequenz.

Figlmüller Group: Tradition als Grundlage
Etwas anders klingt es bei der Figlmüller Group. Hier wird Ausbildung als Teil einer langen Familiengeschichte verstanden – und als Verpflichtung gegenüber einer ganzen Branche.
„Österreich ist führend in der Gastronomieausbildung. Die Standards sind sehr hoch und genießen internationale Beachtung. In der Ausbildung wird exzellente Arbeit geleistet. Die Zahl der Absolventen deckt leider nicht den Bedarf des Marktes. Der Fachkräftemangel ist ein dominierendes Thema“, sagen Hans und Thomas Figlmüller.
Für sie beginnt gute Ausbildung mit Begeisterung:
Die wichtigsten Grundlagen sind Begeisterung für die Gastfreundschaft und Freude am Job und im Umgang mit Menschen – im Service, der Küche auch der Administration. Sehr vieles lässt sich im Job erlernen. Die beste Ausbildung hilft ohne die erforderlichen Soft Skills nur wenig.
Die Figlmüller Group beschäftigt regelmäßig Lehrlinge aus der Gastgewerbeschule und hat damit positive Erfahrungen gemacht:
„Die Absolventen bringen solides Fachwissen und ein ausgeprägtes Qualitätsbewusstsein mit. Besonders schätzen wir ihre Motivation und Offenheit für neue Arbeitsmethoden. Gleichzeitig merken wir, dass der Übergang von der Schule in den lebhaften Betriebsalltag Unterstützung braucht. Wir arbeiten daher mit einem strukturierten Onboarding. Nach wenigen Wochen sind die meisten sehr eigenständig und verlässlich im Einsatz.“
Auch der Generationenaustausch spielt hier eine zentrale Rolle:
„Sehr viele junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben schon im Ausland Erfahrungen gemacht und bringen diese in ihren Job bei uns mit. Besonders erfreulich ist, dass das Bewusstsein der jungen Generation für die Qualität von Lebensmitteln stark entwickelt hat und Essen zu ihrem bewussten Lifestyle gehört.“
Zwischen fordern und fördern
Ein weiterer Wiener Gastronomiebetrieb schildert, wie schwierig es sein kann, Lehrlinge langfristig zu halten: „Wir haben vor ca. einem Jahr eine weibliche Lehrling eingestellt. Sie hat sich als sehr begabt für die Küche herausgestellt, allerdings hat ihr die schulische Komponente nicht gefallen. Sie hat beschlossen, die Lehre deswegen abzubrechen und arbeitet jetzt als Küchenhilfe bei uns. Wir konnten sie leider nicht umstimmen.“ Ein Beispiel, das zeigt: Zwischen Motivation, Ausbildungssystem und Alltagspraxis liegen oft Welten.
Die Balance zählt
Ausbildung in der Gastronomie ist ein Balanceakt zwischen Anspruch und Realität. Disziplin, Begeisterung, Durchhaltevermögen – sie alle entscheiden, ob aus einem Lehrling ein Profi wird. Doch ebenso wichtig ist, dass Betriebe den Rahmen schaffen, in dem Lernen möglich bleibt.
Der Obmann der Fachgruppe Wien der Gastronomie, Thomas Peschta, fasst zusammen: Ausbildung ist kein Selbstzweck, sondern die Basis für Qualität und Kontinuität. Sie verlangt klare Haltung, gegenseitigen Respekt und das Bewusstsein, dass Erfolg in dieser Branche immer gemeinsam entsteht – zwischen jenen, die lehren, und jenen, die lernen.








































