Anonymer Gastronom gegen Rauchersheriffs: „Wir sind hier nicht im Wilden Westen!“

Wien (Culinarius) – Laut einer Befragung des EU-Statistikamts Eurostat 2015 raucht ungefähr ein Viertel der österreichischen Bevölkerung Zigaretten – und das leidenschaftlich gerne in Bars, Kaffeehäusern und Restaurants. Dass dies zur Missgunst der Nichtraucher geschieht, ist klar. Deshalb existiert seit 2010 das Tabakgesetz, welches Betrieben mit mehreren Räumen vorschreibt, ein abgetrenntes Raucherzimmer einzurichten, das durch eine Tür verschlossen ist. Der Nichtraucherbereich muss dabei den Hauptraum darstellen. Kleine Lokale mit nur einem Gastraum dürfen hingegen das Rauchen gestatten, wenn die Grundfläche des Gastraumes weniger als 50m² misst. Bei Nichteinhaltung dieser Regelung droht dem/der BesitzerIn eine Strafe von 2.000 bis 10.000 Euro pro Verstoß.

Die Feindschaft zwischen Rauchersheriffs und GastronomInnen

Manchen NichtraucherInnen scheint dieses Gesetz jedoch nicht zu reichen, weshalb sich der Krebspatient Dietmar Erlacher 2009 selbst zum „Rauchersheriff“ ernannte, viele AnhängerInnen fand und mit diesen die Einhaltung der Bestimmungen des Tabakgesetzes strikt kontrolliert. Ihr Mittel dazu: Anzeigen. So finden sich die „Rauchersheriffs“ regelmäßig in verschiedensten Lokalen ein und beobachten die Tür, die den Raucher- vom Nichtraucherbereich trennt. Darauf wartend, dass sie eine Sekunde zu lang offen steht, um das Restaurant oder die Bar anzuzeigen. Mit diesen oft ungerechtfertigten Aktionen belästigen die Sheriffs die LokalbesitzerInnen ungemein. Teilweise können die AnzeigerInnen später vor Gericht nicht einmal mehr sagen, wie das Restaurant oder die Bar aussah oder um welche Tür auf dem Plan es sich gehandelt hat.

Das Ziel von Gründer Dietmar Erlacher dabei lautet: Das generelle Rauchverbot in der Gastronomie durchzusetzen und die NichtraucherInnen zu schützen. Auf der Homepage der „Rauchersheriffs“ heißt es, es gebe zurzeit nur wenig Bemühung von Seiten der Behörden und vom Staat das bestehende Gesetz auch wirksam durchzusetzen, deshalb seien Anzeigen das einzige Mittel um „ihr Recht auf saubere Luft einzufordern“.

Im Zweifel für den Angeklagten

27.000 Anzeigen wurden bereits erstattet. In den meisten Fällen werden die Verfahren gegen die UnternehmerInnen jedoch wieder eingestellt, da es keine Beweise gibt, es steht Aussage gegen Aussage. Dabei wollen die „Rauchersheriffs“ „ausdrücklich nicht die Gastronomie schädigen“ heißt es auf der Homepage weiter. Das sie jedoch genau das tun, ist verständlich.

So vergleicht ein Gastronom aus Wien, der bereits 18 Anzeigen der „Rauchersheriffs“ sammelte, es aber vorzieht anonym zu bleiben, die Situation der „Rauchersheriffs“ mit der der Bettel-Alm. Denn diese bangt momentan um das Aus aufgrund einer einzelnen Privatperson, die das Lokal wegen Lärmbeschwerde anzeigte. „Warum tun diese Leute das?“, fragt der Gastronom im Gespräch mit Gastronews Wien. „Weil sie die Lokale kaputt machen wollen. Eigentlich ist das reine Schikane. Der Herr, der mich immer anzeigt, macht das mittlerweile glaube ich sogar hauptberuflich. Und wenn die Anzeiger mal nichts finden wegen Rauchergesetz – dann suchen sie sich etwas anderes was sie anzeigen können.“

„Wir sind hier nicht im Wilden Westen“

Ein weiteres Ziel der selbsternannten „Rauchersheriffs“ ist es, die Politik auf dieses Thema aufmerksam zu machen. So berichtet der Gastronom von Fällen, bei denen die Anzeigen von den Klägern sogar direkt an die Regierung und PolitikerInnen geschickt werden, wie zum Beispiel an Reinhold Mitterlehner. „Ich finde es traurig, dass wieder einmal ein Gesetz gemacht worden ist, welches Privatpersonen zur Kontrolle überlassen wird. Eigentlich sollte das Rauchergesetz vom Magistrat kontrolliert und bestraft werden und nicht von Privatpersonen angezeigt. Ich sehe mich hier nicht als Opfer, aber dass private Leute das Gesetz in die Hand nehmen – wo kommen wir dahin? Wir sind ja nicht im Wilden Westen.“

Schützen kann man sich vor den „Rauchersheriffs“ mittlerweile durch das Erteilen von Lokalverboten, denn von draußen können diese die Tür zwischen Raucher- und Nichtraucherraum schlecht beobachten. Der anonyme Gastronom möchte davon jedoch keinen Gebrauch machen: „Ich möchte das nicht auch noch nähren. Ich werde einfach so weitermachen wie bisher, mehr kann ich nicht tun. Wenn ich zum jetzigen Zeitpunkt zum Nichtraucherlokal werden würde, verliere ich alle meine rauchenden Gäste, die in andere Bars abwandern.“

Totales Rauchverbot 2018 – legen die Rauchersheriffs dann ihre Arbeit nieder?

Mit Mai 2018 tritt das absolute Rauchverbot in Kraft, welches dem interviewten Lokalbesitzer jedoch keine Angst macht: „Ich würde mir wünschen, dass das Rauchverbot schon morgen kommt, dann ist das alles vorbei. Aber dann bitte für alle gleich und strikt! In anderen Ländern funktioniert das Verbot auch, die Lokale sind trotzdem voll. Natürlich wird man eine gewisse Gästeschicht verlieren, aber eine andere auch gewinnen. Ich habe also wirklich nichts gegen das Gesetz, gegen die Schikanen hingegen schon.“ Die Hoffnung bleibt, dass mit 2018 die „Rauchersheriffs“ ihre Arbeit niederlegen werden, denn schließlich wäre ihr Ziel dann erreicht. Der anonyme Gastronom hingegen ist der festen Überzeugung, dass sie andere Gründe dafür finden werden, warum sie die Lokale weiter anzeigen können.

„Gastronomen sind Einzelkämpfer“

Der interviewte Lokalbesitzer, der es vorzieht anonym zu bleiben, bewertet die Situation abschließend wie folgt: „Kein Gastronom in Österreich zwingt einen Nichtraucher in ein Raucherlokal zu gehen, wir sind alles mündige Menschen. Es gibt genügend Lokale, die komplett rauchfrei sind. Der Gast kann also selbst entscheiden, wo er hingeht. Warum muss er sich dann beschweren, dass da ein Raucherraum ist? Ich habe es schon erlebt, dass Gäste gekommen sind und dann sagten: ‚Das ist der Raucherraum? Aber der ist ja viel schöner als der Nichtraucherraum, das ist ja diskriminierend!’ und sind dann wieder gegangen. Das ist doch irgendwie traurig… Ich habe das Gefühl, die Gastronomie geht in die komplett falsche Richtung. Der Faktor Mensch wird zunehmend rausgenommen und der Gastronom mehr und mehr reglementiert. Wenn das weiter in diese Richtung geht, steige ich aus. Ich glaube, viele Gastronomen denken da so wie ich.“

Aus diesem Grund ruft er dazu auf, sich mit anderen UnternehmerInnen zusammenzuschließen und gemeinsam gegen Fälle wie diese vorzugehen: „Ich würde gerne mal mit anderen Gastronomen darüber sprechen und uns zusammentun, um etwas zu bewirken. Leider ist es immer noch so, dass die meisten Gastronomen Einzelkämpfer sind. Wir müssen uns nicht alles gefallen lassen!“

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