Felix Albiez: Der kreative Provokateur vom Schick

Michaela Reisel

Das Schick mit Ausblick über Wien, Küchenchef Felix Albiez (c) Das Schick

Wer ist der Mann, der hinter der grandiosen Küche des Zwei-Hauben-Lokals Das Schick steht? Unlängst gelang es nicht nur, die beiden Gault&Millau Hauben zu verteidigen, sogar eine Punktesteigerung wurde erzielt. Geöffnet hat das Schick 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr. Was treibt Küchenchef Felix Albiez an, was motiviert ihn? Woher bezieht er Inspirationen und was ist sein Ausgleich zur kreativen Arbeit in einer der besten Küchen Wiens?

Die Frühstücksgäste des Schick im zwölften Stock des Parkhotels am Ring sind versorgt, als ich eintreffe. Für die erste Mahlzeit des Tages stehen zahlreiche Köstlichkeiten und Karaffen mit Säften bereit. Es ist zehn Uhr, Felix Albiez kommt aus der Küche. Mein „Ich mag dich gar nicht lange aufhalten“ lässt er nicht gelten. „Ich hab‘ mir extra Zeit genommen.“ Na dann, bei Kaffee plaudern wir. Zwischendurch gibt sein Handy Laut, er entschuldigt sich, aber das zeigt, der Chefkoch ist auch abseits der Küche gefragt. Neben beziehungsweise vor der Arbeit am Herd kümmert er sich um Bestellungen, führt oft schon beim ersten Kaffee noch von zu Hause aus Telefonate mit Lieferanten. Aber von vorne.

Wild auf Gastronomie

Gelernt hat Felix Albiez im Schwarzwald, wo er ursprünglich herkommt. „Dort habe ich die Lehre im 4-Sterne-Waldhotel am Notschreipass gemacht.“ Draufgekommen, in die Gastronomie zu gehen, sei er durch einen Ferienjob bei seinem Onkel im Hotel. „Das hat mir so gut gefallen, dass ich geblieben bin.“ Wild war es, womit er lernte umzugehen. „Wir bekamen ganze Rehe, Hirsche, Wildschweine, weiß Gott alles im Ganzen. Das war super. Das lernst du ja heutzutage so gut wie nirgends mehr.“ Selbst Jäger sein, wäre das etwas für ihn? „Nein“, lacht er, „auf die Idee bin ich bis jetzt noch nicht gekommen.“

Als weitere Stationen nennt er das Schlosshotel Velden, ein gutes Jahr in Irland, „danach bin ich noch ein Jahr durch die Weltgeschichte gereist, war zum Beispiel in Shang Hai.“ Darauf folgte ein Jahr in Tirol. Aber wie hat es ihn dann in den Osten von Österreich verschlagen? „Ein Freund hat mich angerufen, dass sie jemanden brauchen. Eine Woche später habe ich in Wien angefangen.“ Und er ist geblieben, war damals im Novelli bei Konstantin Filippou, in der Kuchlmasterei und im Loca, zwischendurch im Henrici in Eisenstadt.

Seit gut einem Jahr ist er nun schon der Chef de Cuisine im innerstädtischen 2-Hauben-Genusstempel Das Schick, wo er leidenschaftlich Spanisch-Österreichisches zaubert. Hier hat er die Freiheit zu kochen, wonach ihm der Sinn steht. Er kann sich kreativ ausleben, ein Punkt, der ihm von großer Bedeutung ist. Hat er Lieblingsprodukte? Hm, schwierig. Seeigel taugt ihm momentan.

Von Inspirationen, 3-Sterne-Läden und seiner Art zu kochen

Was inspiriert Felix Albiez zu seinen Kreationen? Erst unlängst war er in New York. „Ich habe mich praktisch eine Woche lang durchgefuttert“, lacht er. „Fast hätte ich es geschafft, jeden Tag Seeigel zu essen. Außer in diesem 3-Sterne-Laden, da war Seeigel aus.“ Stattdessen gab es eben acht andere Gerichte für ihn. So kommen auch eigene Ideen: „Durch Reisen, Essengehen, andere Köche.“

Was eine tolle Speise ausmacht? „Das Wichtigste ist erstmal, dass es schmeckt. Und dass man das Hauptprodukt noch versteht, also, dass man es nicht zu sehr verändert.“ Dazu gehöre, dass Aromen Speisen nur begleiten, „dass sie nicht mit zu vielen Geschmäckern überlagert sind.“ Deswegen verwendet Albiez für einen Teller gerne nur wenige Produkte, diese dafür in mehreren Texturen, etwa „knusprig oder als Creme“. Es mache Spaß, außergewöhnliche Gerichte zu präsentieren, „ich provoziere hin und wieder ganz gerne, bin ein Fan von Kombinationen, zum Beispiel Jakobsmuschel mit Blunze oder Oktopus mit Schweinebauch.“ Waren die Arrangements schon einmal zu ausgeflippt? „Das ist schwer zu beurteilen, ich bin es halt gewohnt, dass ich so koche.“ Es sei „halt immer so ein Spiel.“ Da kann es schon mal vorkommen, dass Gäste zu ihm sagen, „das haben sie in der Kombi noch nie gegessen.“, sie fänden es schon immer wieder ungewöhnlich, aber im positiven Sinne. So bleibe man in Erinnerung, entgegne ich. „Genau. Und das Business ist auch nicht mehr das Einfachste heutzutage, man muss sich ein bisschen abheben.“ Was es allerdings abzuwägen gelte, „ist, einen anständigen Preis zu verlangen. Also nicht zu teuer, aber so, dass es die Leute auch noch verstehen.“ Auch ganz wichtig: „Die immer gleichbleibende Qualität und gleiche Leistung. Wir versuchen, uns ständig zu verbessern, die Gerichte entwickeln sich ja auch laufend weiter. Das funktioniert ganz gut momentan.“

Freizeit, Ausgleich und die Wiener

An der Art, wie Felix Albiez über sein Metier spricht, merkt man, das ist einfach seines, dafür brennt er. Fine Dining, das mag er nicht nur beruflich, auch privat geht er gern fein essen. Generell interessiert ihn Fusionsküche, verrät er. „Wenn sich Kulturen und Gerichte vermischen, ist das immer spannend.“ Aber auch Street Food isst der sympathische Baden-Württemberger gern. Mit Freunden geht er bevorzugt Asiatisch essen. Wie praktisch, dass die Wohnung, in die er vor Kurzem gezogen ist, in unmittelbarer Nähe eines der angesagtesten asiatischen Lokale der Stadt ist. Sport ist ein weiterer wichtiger Aspekt seines Lebens. Die Tage sind voll und lange, aber eine halbe Stunde mehrmals die Woche als Ausgleich ist drin.

Die Wiener sind anders als das Publikum in anderen Städten, meint Albiez, „nicht alles, was in anderen Städten Erfolg hat, funktioniert hier.“ Aber: „selten habe ich so eine Vielfalt auch an kleinen Restaurants und Kultur, selten wo so einen hohen Lebensstandard erlebt wie hier,“, gefällt es Albiez in seiner Wahlheimat. „Eigentlich nirgends.“ Einen Trend, den er ausmacht? „Was immer gehen wird, ist ganz klar die Wiener Küche. Stark im Kommen sind aber auch Weinbistros.“ Auch er ist gerne in derartigen Lokalen von befreundeten Gastronomen. „Wir kennen uns ja alle“, lächelt er.

Zu guter Letzt bleibt die Frage, was treibt Felix Albiez an? Ganz klar, die Freude am Beruf. Gerade in der Spitzengastronomie soll es ja Köche geben, die nicht mehr tagtäglich selbst am Herd stehen. Albiez, der selbst morgens gleich mit dem Kochen loslegt, dazu: „Ich könnte mir nie vorstellen, nicht mehr selbst zu kochen. Wenn’s soweit ist -“, lässt er lachend im Raum stehen. Gastronomie ist fordernd und bei Gott kein 9 to 5 Job, „es gibt Tage, die sind länger, das ist halt so, aber solang‘s Spaß macht, ist das total gut.“