Vikas: Frischer Wind am Wildpretmarkt

Felicitas Call

Manuel Grabner

Manuel Grabner weiß, was er will. Nach etlichen Stationen in Österreichs führenden Gastro-Betrieben läutet der Haubenkoch eine neue Ära im Vikas ein. Fisch-Liebhaber dürfen sich auf neue kulinarische Experimente an einer der besten Adressen für Meeresküche freuen.

FischliebhaberInnen kennen das Vikas am Wildpretmarkt 3 im ersten Bezirk als sicheren Hafen, wenn es um frischen Fisch und Meeresfrüchte geht. Unter dem Motto „Fisch essen ist keine Kunst, die Zubereitung schon“ werden dort bereits seit vielen Jahren frische Fisch-Spezialitäten kürzeste  direkt aus Kroatien importiert. Der Direkt-Import macht aber nur einen Teil des Erfolgsrezepts des Vikas aus. Es ist die Leidenschaft des Küchenteams, das mit viel Liebe zum Detail den Gerichten ihren besonderen Geschmack verleiht. Nun ist es Zeit, neue Ufer anzusteuern. Am Steuer sitzt Manuel Grabner, gebürtiger Kremser und Haubenkoch mit einer Vision: er möchte dem Vikas neues Leben einhauchen. Mit an Bord bringt er seinen reichhaltigen Erfahrungsschatz sowie ein neues Konzept voller bunter Ideen. Im Gespräch mit Gastro News berichtet er von seiner Geschichte und seinen Plänen für das Vikas.

Gastro News: Wie bist du zum Kochen gekommen?

Manuel Grabner: Teilweise wurde es mir in die Wiege gelegt. Meine ganze Familie mütterlicherseits ist in der Gastronomie tätig. Mein Großvater war selbstständig. Dann kam die Ausbildung dazu, ich habe die HLF gemacht, nach einem Jahr dort dachte ich, ich werde alles außer Koch oder Kellner. Drei Monate später habe ich mit der Lehre begonnen. Ich wollte gleich etwas greifen können, nur Theorie war mit zu wenig.

Gastro News: Was hat dich motiviert, Koch zu werden?

Manuel Grabner: Ich habe für mich persönlich relativ früh ein gutes Gefühl für’s Kochen entwickelt und konnte mir vorstellen, dass daraus mehr wird. In der Schule war vieles 0815, da war es sehr schwierig, mit allen anderen diese Motivation aufrecht zu erhalten. In einer Klasse hast du so viele verschiedene Niveaus, jeder hat andere Bereiche, wo er sich auskennt. Nach einem Jahr dort, dachte ich, das dauert mir zu lange um mein Wissen weiter zu bringen.

Gastro News: Welche Stationen hast du durchlaufen?

Manuel Grabner: Gelernt habe ich im Stiftsrestaurant in Göttweig. Das Restaurant gilt als beliebtes Ausflugsziel: Suppe, Gulasch, Wildragout, Knödel waren wichtige Elemente, um die Basics der Gastronomie zu lernen. Zu meiner Zeit wurden dort auch noch Ravioli selbst gemacht, das war später nicht mehr möglich. Auch in Göttweig wurden irgendwann die Personalkosten zu hoch und es gab viele Einsparungen. Da habe ich noch eine gute Zeit erwischt.

Gleich nach dem Bundesheer war ich bei Toni Mörwald in Feuersbrunn, danach war ich zwei Jahre im Loisium – das war mit Sicherheit eine der gewinnbringendsten Stationen für mich, da habe ich meine Haube erkocht mit 21 Jahren, das war sehr cool.

Gastro News: Welche Rolle spielen Auszeichnungen für dich?

Manuel Grabner: Wichtig ist mir, dass da kein Druck dahinter ist. Ich sage nicht, ich arbeite auf die Haube hin, sondern ich koche gut und der Erfolg wird von einer Haube gekrönt, darum geht es mir. Aber sollte es erst in zehn Jahren soweit sein, ist es für mich auch okay. Wenn man in der Gastronomie erfolgreich sein will, sind diese Auszeichnungen fast nicht wegzudenken, sonst bist du leider ein Niemand. Aber ohne Druck, zwei Hauben werden wir schon schaffen. Ein Stern ist dann eine neue Herausforderung (lacht).

Gastro News: Welche Veränderungen planst du für das Vikas?

Manuel Grabner: Wir sind noch in der Namensfindung. Am liebsten wäre mir, etwas völlig Neues zu machen, dass ich auch Marketing-technisch die nächsten zehn Jahre bespielen kann.

Gastro News: Bleibt der Fokus auf Fisch?

Manuel Grabner: Wir kombinieren auch jetzt schon mit Fleisch. Mein Vorgänger hat sich nur auf Fisch konzentriert, es ist natürlich einfacher, nur Fisch zu machen. Er hatte sehr viele russische Gäste, das haben wir jetzt nicht mehr. Somit können wir uns gar nicht mehr auf die Klientel, die nur Fisch will, versteifen. Wir haben jetzt schon Rinderfilet auf der Karte und ich möchte noch einiges dazugeben.

Gastro News: Vegan oder Vegetarisches gibt es auch?

Manuel Grabner: Vegetarisch ja, vegan lasse ich aus. Das soll jemand machen, der sich auskennt. Wenn ich ein veganes Gericht aufschreibe, fühlt sich der Veganer zum Beilagen-Esser gemacht oder verpflichtet. Vegetarisch ist in der Gastro einfach zu lösen. Wenn man etwas Neues macht, muss man auch dahinterstehen, sonst kann man es nicht verkaufen.

Ich komme ja selbst aus der Küche, habe aber auch die Leitung über F&B. Christoph, mein Sous Chef ist der Küchenchef und ich kümmere mich mehr um Service. Das ist für mich dann leichter, das neue Konzept dem Gast zu verkaufen. Ich habe die Speisekarte geschrieben und kann sie dadurch dem Gast leichter näherbringen, weil ich weiß, wie die Gerichte entstanden sind. Das wird sehr gut von den Gästen angenommen, sie freuen sich, wenn sie jemand mit Hintergrundwissen versorgen kann.

Gastro News: Der Wechsel vom Durchhaus ins Vikas ging ja nahtlos über…

Manuel Grabner: Ja absolut. Hier kommt sehr viel Denkarbeit auf mich zu. Ein Jahr lang ist hier gar nichts passiert. Die Speise- und die Weinkarte wurde nicht verändert. Wir wollen alles umkrempeln, um das europäische System in die Köpfe hineinzubringen, sonst macht jeder, was er will (lacht).

Gastro News: Woher nimmst du deine Inspiration?

Manuel Grabner: Grundsätzlich kommt diese durch meine lange Erfahrung in der Leitung. Ich habe sehr viele Betriebe gesehen, sicher 15 bis 20. Ich habe immer schon gewusst, was ich will und was nicht. Das was ich gerne esse, ist das Grundprodukt, der Rest ist saisonal und regional abhängig. Für mich ist ein Gericht immer ein Bild. Ich will einen geschmacklichen Kreis schließen. Ein Beispiel: Ich habe einen Salzwasserfisch. Sagen wir es ist ein Wolfsbarsch, ein salziger Fisch, der ein weiches, gut strukturiertes Fleisch hat, wenn man ihn richtig brät und auch eine knusprige Haut hervorbringen kann. Somit haben wir bereits drei Komponenten abgedeckt: salzig, knusprig und saftig. Zum Salz bilde ich gerne den Gegenpart Süß, heißt aber nicht gleich Zucker. Die Süße kann von einer roten Rübe kommen, die man mit Kreuzkümmel würzt.

Mir hat mal jemand gesagt, „Das was Tiere gerne essen, gib auch auf den Teller“. Bei Fisch ist das natürlich etwas schwieriger, bei Huhn ist es Getreide, das passt einfach immer dazu. Dann kommt es aufs Abschmecken an. Ich möchte möglichst viele unterschiedliche Texturen und möglichst viele unterschiedliche Geschmäcker am Teller haben. Ich liebe es, zum Hauptgang ein Eis dazu zu geben. Das verstehen viele Leute nicht. Ich habe hier mit Oktopus und Schweinebauch begonnen und wollte dazu ein Popcorneis machen, weil ich als Beilage Bramata Zuckermais und roten Paprika hatte und dazu noch Miso – das ist ein geschmacklich sehr breit gefächertes Gericht.

Dazu wollte ich Popcorn in Obers kochen damit ich nur den Geschmack habe und es einfriere. Der Schweinebauch ist sehr gut und lange gegart (18 Stunden bei 82 Grad), da wäre das Mundspiel hinzugekommen. Im Mund zerrinnt mir das Fett des Schweinebauches fast, mit dem Eis aber im Mund wird das Fett durch den Temperaturabfall in der Mundhöhle auf einmal knackig. Das Fett des Specks in warm und kalt sind tatsächlich zwei verschiedene Geschmäcker. Da wollte ich mit Temperaturen spielen. Dafür sind die Gäste hier aber noch nicht bereit.

Gastro News: Denkst du viel über die Präsentation am Teller nach?

Manuel Grabner: Sehr viel. Ich wollte ursprünglich in die Werbung gehen und Grafik machen, statt zu kochen. Ich habe früher viele Graffitis gesprüht, das war kontraproduktiv für die Geldbörse meines Vaters (lacht).

Aber auch wenn ich ein Gericht schreibe, überlege ich mir natürlich, wie es am Teller aussieht. Nehmen wir die Polenta als Beispiel: mache ich sie cremig, brate ich sie, schneide ich sie in Stücke, paniere ich sie, gebe ich Parmesan dazu, wie passt der Rest dazu? In weiterer Folge kommt die Garstufe dazu. Auch das muss man bedenken. Wenn ich Polenta in zehn Zentimeter lange und zwei Zentimeter breite Stücke schneide, braucht das länger zum Braten als vier kleine Würfel. Man denkt da aber erst später darüber nach. Mit dem Alter ist das automatisierter.

Gastro News: Welchen Food-Trends folgst du?

Manuel Grabner: Einige Dinge nehme ich schon auf. Letztes Jahr war Harissa, eine Paprikapaste in aller Munde, die hatte jeder auf der Karte. Ich habe da nicht mitgemacht, weil ich mir dachte, wenn es eh schon jeder macht, muss ich da nicht mitziehen. Ich verwende auch molekulare Küche aber nur wenig und ohne, dass es der Gast merkt.

Gastro News: Wie kann man sich das vorstellen?

Manuel Grabner: Zum Beispiel zum Binden als Alternative zu Maizena oder Mehl, wie man es früher gemacht hat. Oder um einen Effekt am Teller zu erhaschen. Kleinigkeiten wie ein Gelee, das zum Esspapier wird, das geht. Ein warmes Kompott finde ich cool, das wird mit Agar-Agar abgebunden, damit man es erwärmen kann und auch in Form bleibt und trotzdem cremig ist. Damit möchte man den Gast zum Nachdenken anregen und das Tischgespräch ankurbeln.

Gastro News: Stichwort „Zero Waste-Küche“: folgst du dem Trend?

Manuel Grabner: Wenn ich einen Salat kaufe, schneide ich wirklich nur das Braune beim Strunk, das oxidiert ist und bitter schmeckt, weg. Den Salat putze ich zu, den Strunk friere ich mit Butter weg und mache daraus eine Salatcreme, ähnlich wie ein Cremespinat. So gehe ich mit meinen Produkten um. Mit Krebsschalen wird Sauce gemacht, das ist eh ganz klar. Ich habe keinen Biomüll. Alle Reste des Tages kommen in eine große Wanne, außer es ist ein verdorbenes Produkt. Alles wird dann geröstet, daraus mache ich dann einen leichten Fond und verwende ihn zum Aufgießen, um noch den letzten Geschmack herauszuholen.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Vikas

Wildpretmarkt 3, A-1010 Wien
Tel.: 01/532 21 93
Öffnungszeiten: Mo: 18:00 – 24:00 Uhr, Di – Sa: 12:00 – 23:00 Uhr

https://www.vikas.wien