Igor Nesterenko: Das Geld schadet der Motivation!

Dominik Köhler

Igor Nesterenko, Unternehmer und Inhaber der Flatschers Betriebe, sowie des renommierten Café Stadtkind ©Culinarius

Im Interview mit Gastro News spricht Igor Nesterenko, Unternehmer und Inhaber der Flatschers Betriebe, sowie des renommierten Café Stadtkind, über neue Projekte, die Krise und das Paradoxon des Verlusts der Motivation.

Die Geschichte des erfolgreichen Unternehmers und Gastronomen Igor Nesterenko, beginnt im Jahr 2003 in Russland, wo er seine ersten Erfahrungen in der schönsten Branche der Welt machte. Der Gastronomie. Erst 12 Jahre später, im Jahr 2015, kehrte Nesterenko Russland den Rücken und zog in die Bundeshauptstadt Österreichs. Im Gepäck seine jahrelange Erfahrung und Vorliebe für die Bierproduktion.

Gastro News: Sie führen drei erfolgreiche Gastronomiebetriebe. Das Café Stadtkind, das Flatschers in Wien Neubau, sowie das Flatschers Margareten. Trotzdem
verfolgen Sie bereits Pläne, Ihr Gastro-Portfolio zu erweitern. Worum handelt es sich dabei?
Nesterenko: Das stimmt, die Pläne gibt es. Noch sind allerdings nicht alle Verträge unterzeichnet. Aber ich kann versichern, dass es sich nur noch um wenige Wochen handelt, bis auch die letzte Unterschrift an ihrem Platz ist und das Projekt somit starten kann.

Gastro News: Gibt es Details zum Projekt, die Sie uns schon jetzt verraten können?
Nesterenko: Sie kennen meine Vorliebe und große Leidenschaft für Bierlokale. Die kann ich auch in unserem neuen Projekt voll ausleben. So viel darf verraten sein. Wir übernehmen einen Betrieb in Wien Wieden und richten ihn neu her, ohne dabei das bestehende Konzept und den Charme zu verletzten. Bei dem geplanten Umbau handelt es sich lediglich um dekorative Elemente und das Interieur. Vom Schanigarten bis zur Sitzgarnitur. Ich bin fest davon überzeugt, dass es eine tolle Ergänzung zu unserem bereits bestehendem Gastrokonzept ist.

Gastro News: Stichwort Schanigarten: Halten Sie die Öffnung der Schanigärten in Wien, ab dem 27. März 2021, für realistisch und werden Sie die Außenbereiche ihrer Betriebe öffnen?
Nesterenko: Realistisch? Nein. Ich glaube wir werden noch ein weiteres Mal vertröstet, bevor es in Wien für die Gastronomie wieder losgeht. So realistisch muss man nach einem Jahr Pandemie schon sein. Außerdem macht eine Öffnung unserer Außenbereiche, unter den geltenden und angekündigten Bedingungen, keinen Sinn. Die Sperrstunde um 20:00 Uhr und die Abstandsregel machen eine, auf wirtschaftlicher Ebene sinnvolle Öffnung, kaum möglich. Das ist eine traurige Tatsache. Zumindest für das Café Stadtkind, das Flatschers in Wien Neubau und das Flatschers Margareten.

Gastro News: Die finanzielle Lage ist, gerade für die Gastronomie, im Moment besonders heikel. Wie stehen Sie zu den monetären Unterstützungen der Bundesregierung?
Nesterenko: Insgesamt halte ich die Unterstützungen für sehr großzügig. Das ist gut, führt aber zu einem unliebsamen Paradoxon in der Branche. Wir würden gerne arbeiten, verlieren aber zunehmend die Motivation dazu. Den Betrieb zu öffnen bedeutet zugleich den Verzicht auf die Finanzmittel durch den Staat. Eine Entscheidung, die es so vorher noch nicht gab in unserer Branche. Wir haben uns in der Vergangenheit stets selbst erhalten. Ich rechne damit, dass viele ihre Betriebe lieber geschlossen lassen und abwarten, bevor sie das Wagnis einer Öffnung in derart unsicheren Zeiten eingehen. Das Problem der fehlenden Motivation ist aber eines aller Gewerbe. Und nicht nur in der Gastronomie anzutreffen.

Gastro News: Was braucht es ihrer Ansicht nach um wieder entspannt aufsperren zu können?
Nesterenko: Das ist einfach. Alles hängt von dem Tempo der Impfungen ab. Leider sitzen wir, im übertragenem Sinn, nicht in einem Formel-1 Auto, sondern bewegen uns mit Schneckentempo. Das muss sich ändern. In anderen Ländern funktioniert es auch. Man sollte sich ein Beispiel an den „Best Cases“ in Europa nehmen und versuchen, die wichtigsten Mechanismen einer erfolgreichen Impfstrategie auch in Österreich umzusetzen. Die traurige Wahrheit ist, Corona bleibt. Und wir müssen lernen, damit weiterzuleben.

Gastro News: Noch ist von der Bundesregierung kein Datum für die Öffnung der Gastronomie fixiert worden. Kolportiert werden erste Schritte nach Ostern. Wie stehen Sie zu dieser Aussicht?
Nesterenko: Ich persönlich stelle mich nicht auf eine Öffnung unsere Betriebe nach Ostern ein. Das wäre, im Angesicht des aktuellen Infektionsgeschehens, verfrüht. Die Regierung ist sehr vorsichtig. Und wird es auch bleiben. Daher gehe ich von ersten Öffnungsschritten für die Gastronomie ab Mai, oder sogar erst ab Juni aus. Letztes Jahr haben wir am 15. Mai geöffnet und es hat im Sommer doch ganz gut funktioniert. Mit den Schanigärten und sogar den Innenbereichen. Das Chaos ist erst im Herbst über uns hereingebrochen. Darauf muss im Jahr 2021 besser geachtet werden.

Gastro News: Worauf kommt es für Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Branche an, um nicht aufzugeben, sondern weiter an ein baldiges Ende der Corona-Krise zu glauben?
Nesterenko: Nach wie vor halte ich es für ungemein wichtig zusammenzuhalten. Sich zu stützen, wenn Gefahr besteht zu fallen. Aber Probleme gibt es leider überall. Bei den staatlichen Finanzhilfen, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bis hin zu den Vermietern. Es ist eine extrem schwierige Zeit für uns. Aber wir blicken nach vorne, wollen aufsperren und arbeiten, sobald es wieder möglich ist. Es ist die Hoffnung, die uns durchhalten lässt.

Gastro News: Danke für das Gespräch.