Zwischen Backhendl und Burgund: Wie Daniel Schicker das Waldviertel neu denkt!
Vom Zwei-Sterne-Restaurant zum Landgasthaus im niederösterreichischen Etzen: Star-Sommelier Daniel Schicker und seine Frau Tanja Schicker-Mathe übernehmen den Familienbetrieb und machen ihn zur Bühne für moderne Wirtshauskultur, regionalen Wein und ein progressives À-la-carte-Konzept – irgendwo zwischen Bodenhaftung und Großstadt-Vision.
Etzen im Waldviertel. Ein Ort, der auf den ersten Blick nicht gerade nach kulinarischer Avantgarde klingt. Doch genau hier beginnt für Daniel Schicker ein neues Kapitel. Der ehemalige Sommelier des Mühltalhofs – jenem oberösterreichischen Restaurant, das sich in den letzten Jahren zu einem der spannendsten Fine-Dining-Hotspots im Land entwickelte – hat sich gemeinsam mit seiner Frau Tanja entschieden, die Komfortzone zu verlassen.
„Been there, done that“, sagt Schicker mit einem Grinsen. Nach fast acht Jahren im Mühltalhof, zuletzt mit zwei Michelin-Sternen dekoriert, wollte er mehr als nur Wein in Perfektion servieren. „Ich wollte Gastgeber sein, auf allen Ebenen.“
Von der Spitzengastronomie zum Stammtisch
Der neue Lebensmittelpunkt ist das Landgasthaus Mathe, ein klassischer Vierkanthof mit Geschichte: Seit 1933 in Familienbesitz, war das Haus lange ein Mischbetrieb – fünf Tage Feldarbeit, zwei Tage Gastwirtschaft. Mit den Schwiegereltern kam Anfang der 2000er der Wandel hin zur reinen Gastronomie. Jetzt folgt die nächste Etappe.
„Wir wollen Wirtshaus bleiben, aber das Image entstauben“, sagt Schicker. Der Umbau – Start ist im Januar 2026 mit einer Top-Architektin aus Krems – wird behutsam seind, die Struktur des Hauses bleibt aber sicherlich spürbar. Die Gaststube, Extrastube und der Saal – alles für bis zu 250 Personen – wird gemütlich zusammengelegt, Feiern darf man hier aber immer noch andenken. Doch das Herzstück ist das, was auf den Teller kommt – und ins Glas.
Zwischen Schnitzel und Sauvignon Blanc
Die Speisekarte liest sich wie eine versöhnliche Umarmung zwischen Tradition und Mut: Wiener Schnitzel vom Kalb, Cordon Bleu, Backhendl – aber auch Fisch aus der Region, vegetarische Kreationen, neue Kombinationen. „Wir wollen Grenzen ausloten“, sagt Schicker. „Aber ohne die Leute zu verschrecken.“
Der Wein ist natürlich sein Revier. Zuvor waren es hier 30 Positionen (natürlich kuratiert von Daniel), heute nach nur 7 Wochen im Familienbetrieb hat er eine Liste mit über 250 Weinen – stark österreichisch geprägt, aber mit Ausflügen nach Frankreich, Deutschland, Italien. „Schnitzel mit deutschem Riesling statt immer nur Grüner Veltliner – das kann super funktionieren.“ Dogmatisch ist hier gar nichts – aber bewusst, authentisch, nachhaltig. Biologisch, wenn möglich. Hillinger wird man auf der Karte nicht finden – no offence!
Wirtshaus ohne Klischees
Ein großes Thema ist das Personal. „Die jungen Köche wollen auf Sterneniveau arbeiten – aber keiner will mehr ins klassische Wirtshaus mit Mittagstisch und Catering nebenbei.“ Schicker und seine Frau setzen genau hier an: ganztägiger Betrieb von Mittwoch bis Sonntag, keine Buffetschlachten, sondern echtes Interesse an Qualität und Atmosphäre. Die Mannschaft ist jung, motiviert und familiär. Die Schwester seiner Frau ist Teil des Serviceteams.
Kosmopolitisch, aber mit Bodenhaftung
Das „neue“ Gasthaus Mathe will ein neues Wirtshaus sein. Ein Ort, an dem man mittags gut isst, abends gut trinkt und sich zwischendurch mit Winzern oder Produzenten aus der Region zu Themenabenden trifft. Das ist jedenfalls der Plan! Kooperationen mit dem Schloss Litschau, Wild aus eigener Teichwirtschaft, Bier von der Zwettler Brauerei – das kulinarische Netzwerk im Waldviertel wächst.
Und das Publikum? „Viele kommen aus Wien, aus Salzburg oder Tirol – Städter, die die Ruhe suchen.“ Einige Stammgäste aus der Umgebung kommen dreimal pro Woche – vor allem, wenn sie auf Urlaub hier sind.
Ein Ort mit Seele – und Zukunft
Trotz aller Professionalität, aller Erfahrung – für Daniel Schicker ist der Neustart ein Sprung ins kalte Wasser. „Es ist wie im ersten Lehrjahr. Das Umfeld ist komplett anders, die Gäste auch. Aber genau das macht’s spannend.“ Was bleibt, ist die Leidenschaft für Wein, das Gespür für Menschen und das Bedürfnis, Gastronomie nicht als Show, sondern als Begegnung zu verstehen.
„Es gibt nichts Schöneres als eine volle Gaststube, ein gutes Mittagessen und ein Glas Wein.“ Und vielleicht wird das Waldviertel ja wirklich ein bisschen umgekrempelt. Mit Haltung. Mit Geschmack. Und mit einem Cordon Bleu, das zu einem der besten des Landes zählt.
Die wichtigsten Infos im Überblick
Adresse: Etzen 3, 3920 Etzen
Kontakt: 0042 2812 8336
Website: HIER