Irmgard Querfeld: Das Wiener Café bleibt Kult!

Dominik Köhler

Irmgard Querfeld im Gespräch mit Gastro News ©Sandra Slusna

Im Interview mit Gastro News erzählt die erfolgreiche Gastronomin Irmgard Querfeld, wie sie über Pop Ups und Specialty Cafés denkt, wie sie zur Gastronomie gekommen ist und verrät, auf welche spannenden Projekte aus dem Hause Querfeld wir uns schon heute freuen dürfen.

Die stadtbekannte Gastronomin Irmgard Querfeld hat eine klare Vorstellungen über die Bedeutung der Wiener Kaffeehauskultur im Jahr 2021 und darüber hinaus. Und das, obwohl die Quereinsteigerin erst verzögert zur Branche der Welt gefunden hat. Gastro News hat zum Gespräch gebeten.

Gastro News: Die Gastronomie war nicht deine erste berufliche Wahl. Über welche Umwege bis du zur Branche gekommen?
Querfeld: Das stimmt, ich bin eine absolute Quereinsteigerin. In Schönbrunn habe ich die Ausbildung zur Gärtnerin gemacht. Dort habe ich auch meinen Mann kennengelernt. Ja, der Berndt ist auch ein gelernter Gärtner. Er hat aber schon damals im elterlichen Betrieb mitgeholfen und ist ein paar Jahre später ist er voll eingestiegen. Genau wie ich.

Irmgard Querfeld im Gespräch mit Gastro News ©Sandra Slusna

Gastro News: Du hast die Arbeit als Gärtnerin demensprechend für die Gastronomie aufgegeben. Eine harte Entscheidung?
Querfeld: Ich habe für mich erkannt, dass beide Branchen Parallelen aufweisen, die mir wichtig sind. Ein Betrieb wächst und entwickelt sich genau wie eine Pflanze. Man muss sich kümmern und im besten Fall erntet man früher oder später die Früchte seiner harten Arbeit.

Gastro News: Die Wiener Kaffeehaus-Szene wächst und erlebt einen regelrechten Boom an Pop Ups und kleinen Specialty-Cafés. Eine Gefahr für die großen Traditionshäuser?
Querfeld: Nein. Vielmehr eine willkommene Alternative. Das Wichtigste für ein gutes Kaffeehaus, gerade in Wien, ist die Atmosphäre. Betritt man das Café Museum, betritt man ein Stück lebendiger Geschichte. Wir waren immer ein Treffpunkt, an dem Neues entsteht, Gespräche und Diskussionen geführt werden, ummantelt in einer Aura der Inspiration. Ur-Typische Wiener Kaffeehäuser sind nur ganz schwer zu kopieren. Die hohen Räume, die Art der Beleuchtung, die Art der Sitzlogen die einem mitten im Raum das Gefühl von Schutz und Diskretion vermitteln. Das sind alles Teile eines großen Ganzen und der Identität der Wiener Kaffeehauskultur. Eigenschaften, die ein Pop Up kaum mitbringen kann und vermutlich auch nicht will.

Gastro News: Ist das klassische Wiener Kaffeehaus ein Relikt vergangener Tage, das langsam aus der Mode kommt?
Querfeld: Das Kaffeehaus war und wird nie altmodisch sein. Und schon gar nicht aus der Mode kommen. Wir setzen vielleicht keine Trends, sind aber stets offen für Neues. Darum braucht man sich um das Bestehen dieser Kultur gewiss keine Sorgen machen. Und ich finde ganz großartig, was rundherum alles entsteht. Denn auch in den Traditionsbetrieben bedeutet Stillstand das Ende, wir müssen genauso mit der Zeit gehen und auf die Wünsche der Gäste reagieren. Über kurzweilige Trenderscheinungen hüpfen wir aber drüber.

Das Café Museum ©Sandra Slusna

Gastro News: Was braucht es heute, um für den Nachwuchs als Arbeitgeber und Arbeitsstätte attraktiv zu bleiben?
Querfeld: Also ich wehre mich grundsätzlich intensiv gegen das dauernde Branchen-Bashing, das wir schon seit längerem erleben. Denn die Vorwürfe schlechter Bezahlung und unzumutbarer Arbeitszeit sind überzogen und nicht allgemein gültig. Natürlich gibt es auch in der Gastronomie schwarze Schafe, die gibt es aber in jeder Branche. Ich glaube, es wird völlig unterschätzt, was man als Mitarbeiter eines Gastronomiebetriebs alles lernt. Und welche Türen sich dadurch öffnen. Die Social-Skills, die man bei uns durch persönliche Erfahrung beigebracht bekommt, sind mit keiner anderen Branche vergleichbar. Das ist gelebte Faszination am Gast und am Miteinander, entgegen der Digitalisierung und zunehmender Isolation der Gesellschaft. Zumindest bei geöffnetem Zustand.

Gastro News: Aber auch körperlich anstrengend, ein Job der mit dem Alter nicht leichter wird.
Querfeld: Das stimmt. Das ist ein Problem von fast allen Arbeiten im Dienstleistungsbereich. Darum ist es ganz wichtig, sich laufend weiterzubilden. Damit man eben nicht mit 40 draufkommt, dass einem der Rücken weh tut und man die Arbeit nicht mehr machen kann. Daran muss man früh denken und sich gut auf eine solche Situation vorbereiten. Für mich sind Dienstleistungsberufe trotz aller Umstände die es gerade zu berücksichtigen gilt, Berufe der Zukunft. Das sehen hoffentlich auch die nächsten Generationen so. Sonst haben wir bald ein Problem.

Gastro News: Stichwort Problem: Wurde im Streit mit der Wlaschek Stiftung mittlerweile eine Einigung erzielt?
Querfeld: Nein. Es gab vor Kurzem die erste Verhandlung. Die nächste findet aber erst im Februar 2022 statt. Die Richterin war sehr interessiert, das ist gut. Denn auf diesen Fall schauen nicht nur wir, sondern die gesamte Branche. Natürlich finden wir es schade, dass es soweit kommen musste, jetzt kämpfen wir aber einen Kampf, stellvertretend für alle Gastronominnen und Gastronomen denen Ähnliches wiederfahren ist.

Dominik Köhler im Gespräch mit Irmgard Querfeld ©Sandra Slusna

Gastro News: Neben dem laufenden Gerichtsverfahren, welche Themen werden die Gastronomen Irmgard und Berndt Querfeld im Jahr 2022 beschäftigen?
Querfeld: Das wird auf jeden Fall das Restaurant Napoleon sein. Eigentlich geplant als Pop Up für ein paar Monate, haben wir uns nun dafür entschieden, das Lokal komplett herzurichten und neu zu eröffnen. Wir haben uns in den Betrieb verliebt und wollen ein echtes Gasthaus daraus machen. Los geht’s mit den Arbeiten am 10. Jänner und die Eröffnung ist für 1. Mai geplant. Ich hoffe, wir können den Termin halten. Und bis dahin arbeiten wir an einem weiteren ganz spannenden Projekt für das wir gerade brennen.

Gastro News: Ich bin neugierig, worum handelt es sich bei diesem Projekt?
Querfeld: Um etwas, auf das wir mehr oder weniger zufällig aufmerksam geworden sind. Konkret entwickeln wir spezielle Torten für Menschen mit Kau- und Schluck-Beschwerden. Davon gibt es nämlich weit mehr als man denkt. Rund 10 Prozent unserer Gesellschaft sind davon betroffen, verglichen mit dem Anteil der sich vegan ernährt, ist das der zehnfache Wert. Unsere Torten schmecken aber nicht nur gut, sie sehen auch gut aus. Damit schaffen wir einen schönen Moment für alle Betroffenen und deren Angehörige.

Gastro News: Auf welches Gericht oder Leckerbissen kannst du einfach nicht verzichten?
Querfeld: Auf Käsebrote.

Gastro News: Was lehnst du höflich ab, wenn es dir angeboten wird?
Querfeld: Schinkenrollen.

Gastro News: Danke für das Gespräch!

Café Museum

(Das Interview wurde kurz vor dem vierten Lockdown geführt)

Café Museum ©Sandra Slusna
Café Museum ©Sandra Slusna