Jessica Chen: Kulinarik gehört auf die Straße!

Dominik Köhler

Köhler Dominik im Interview mit der Gastronomin Jessica Chen im Restaurant Momoya ©Sandra Slusna

Im Interview mit Gastro.News spricht die erfolgreiche Gastronomin Jessica Chen über den gescheiterten Versuch, der Branche den Rücken zu kehren, die Liebe zur Wiener Innenstadt und verrät, warum die Eröffnung eines neuen Lokals gerade nicht in Frage kommt.

Die Gastronomin Jessica Chen betreibt gleich drei Lokale in der Wiener Innenstadt: Das Momoya, das Mikata Izakaya und das Junn. Gastro.News hat die Unternehmerin zum Interview gebeten, um über aktuelle Projekte, ihren Weg in die Branche und Perspektiven zu sprechen.

Gastro.News: Asiatisches Street-Food hat in Wien im Jahr 2021 einen regelrechten Boom erlebt. Insbesondere durch das „To Go“-Angebot ist das Interesse stark gestiegen. Wie stehst du zu dieser Entwicklung?
Chen: Ich halte die Eröffnung neuer asiatischer Lokale und die wachsende Popularität der Speisen für sehr spannend. Das ist etwas Positives für die Kulinarik der Bundeshauptstadt. In Asien ist die Gastronomie Teil der Straße und ich finde es gut, ein bisschen dieser Kultur auch in Wien erlebbar zu machen. Aber man muss nicht neu eröffnen, um sich als Betrieb und Unternehmen zu entwickeln. Wir kombinieren gerne neue Geschmäcker und überraschen unsere Gäste mit ausgefallen Kreationen. Es ist egal, ob man frisch am Markt oder bereits etabliert ist, Innovation ist für die lebendige Wiener Gastronomie die Luft, die sie zum Atmen braucht.

Es ist der Wille und der Antrieb auf den es ankommt. Das Geschlecht spielt dabei absolut keine Rolle.

Jessica Chen

Gastro.News: War dein Weg in die Gastronomie vorbestimmt, oder hast du als Quereinsteigerin die Liebe zur Branche entdeckt?
Chen: Ich bin in einer klassischen Gastronomen-Familie aufgewachsen und habe die Branche schon sehr früh kennengelernt. In der Schulzeit bin ich anstatt Zuhause im Kinderzimmer, am Stammtisch im Restaurant gesessen und habe mir von den Gästen bei den Hausaufgaben helfen lassen. Daran denke ich noch heute gerne zurück.

Gastro.News: Hattest du nie das Bedürfnis einen anderen Weg einzuschlagen, auszubrechen um etwas ganz anderes zu machen?
Chen: Natürlich wollte ich das. Ich habe auch einiges gemacht. Es gab eine Zeit, in der ich davon überzeugt war, niemals in der Gastronomie arbeiten zu werden. Denn mit dem Einfluss der Eltern verhält es sich nun mal so: Entweder man nimmt ihn an, oder man lehnt ihn ab. Ich wollte zweiteres, habe aber dann den Betrieb übernommen. Manchmal kommt es eben anders als gedacht.

Im Restaurant Momoya ©Sandra Slusna

Gastro.News: Wo hast du deine ersten Erfahrungen in der Gastronomie gesammelt?
Chen: Das war in einem Lokal in Tirol vor rund 15 Jahren. Und als wir vor knapp zehn Jahren zurück nach Wien gekommen sind, hat meine berufliche Reise mit dem Momoya neu begonnen. Eine Entscheidung, die ich bis heute keinen Tag bereut habe. Dafür bin ich dankbar, auch wenn ich in jungen Jahren anders darüber gedacht habe.

Gastro.News: Heute betreibst du drei Lokale in der Wiener Innenstadt: Das Momoya, das Mikata Izakaya und das Junn. Ist noch ein viertes Restaurant geplant?
Chen: Wir hatten bereits konkrete Pläne dahingehend. Das Projekt ist allerdings nicht zustande gekommen. Jetzt bin ich schwanger und der Fokus hat sich erneut verschoben. Wir konzentrieren uns auf unser drittes Baby. Das ist ganz wunderbar. Wie es mit einem neuen Lokal in Wien weitergeht, wird die Zukunft weisen. Auszuschließen ist es auf jeden Fall nicht.

Ein Restaurant kann heute wunderschön sein und fantastisches Essen anbieten, wenn man bei der Google-Suche nicht gefunden wird, dann existiert man für die Leute nicht.

Jessica Chen

Gastro.News: Wie lässt sich die Arbeit als erfolgreiche Gastronomin und Betreiberin von drei Restaurants mit der Familienplanung und Mutterschaft verbinden?
Chen: Das Wichtigste ist natürlich ein gut geschultes und motiviertes Team, auf das man sich verlassen kann. Ohne geht es nicht. Außerdem unterstützt mich mein Mann so gut es geht, der die Führung der Betriebe weitgehend übernommen hat. Ich erledige indes, was ich erledigen kann. Meist von Zuhause aus. Das ist natürlich eine Umstellung, bei fortgeschrittener Schwangerschaft aber ein logischer Schritt. Wir ergänzen uns perfekt und teilen uns die Arbeit nach Umsetzbarkeit auf. Und natürlich bin ich jederzeit bereit auszuhelfen, wenn es notwendig ist, daran ändert auch die Schwangerschaft nichts.

Gastro.News: Wie denkst du über das hartnäckige Klischee, dass die Frauen hinter dem Herd daheim besser aufgehoben sind, als in der gehobenen Sterne-Gastronomie?
Chen: Ich sehe keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern und bin fest davon überzeugt, wenn man etwas erreichen will, dann findet man immer einen Weg, erfolgreich zu sein. Es ist der Wille und der Antrieb, auf den es ankommt. Das Geschlecht spielt dabei absolut keine Rolle.

Außenansicht des Restaurants in der Wiener Innenstadt ©Sandra Slusna

Gastro.News: Du kümmerst dich unter anderem um den Social-Media Auftritt deiner Restaurants. Wie wichtig ist ein gut funktionierendes Marketing heute, um sich in Wien gegen die Konkurrenz durchzusetzen?
Chen: Das ist sehr wichtig. Und wird immer wichtiger. Daher rate ich allen Kolleginnen und Kollegen, die gerade dabei sind, ein Restaurant zu eröffnen, die Vermarktung des Betriebs von Beginn an zu berücksichtigen. Denn ein Lokal kann heute wunderschön sein und fantastisches Essen anbieten, wenn man bei der Google-Suche nicht gefunden wird, dann existiert man für die Leute nicht.

Gastro.News: Kannst du dir vorstellen ein Restaurant außerhalb von Wien zu eröffnen?
Chen: Zuerst müsste ich ein Restaurant außerhalb der Innenstadt eröffnen. Kleine Schritte. Ausschließen kann ich es aber natürlich nicht. Im Moment ist in diese Richtung aber nichts geplant.

Gastro.News: Danke für das Gespräch.

Restaurant Momoya