Kolumne: Wir brauchen Euch! (Peter Dobcak)

Dominik Köhler

Peter Dobcak, Obmann der Fachgruppe Gastronomie der Wirtschaftskammer Wien ©Culinarius

Selten wird eine Katastrophe durch ein singuläres Ereignis ausgelöst. Meist ist es eine Reihe von kleineren Ereignissen, die letztendlich in ihrer Gesamtheit zur Katastrophe führen. Nicht umsonst werden in technisch hochanspruchsvollen Einrichtungen immer ein oder mehrere Backup-Systeme eingebaut um einen möglichen Ausfall des Primärsystems zu kompensieren und damit ein existenzbedrohendes oder fatales Ereignis zu verhindern.

In der Gastronomie gibt es für fehlendes Personal kein Backup. Die wichtigste Ressource, um die notwendige Leistung erbringen zu können, ist der Mensch. Die Coronakrise war zweifelsohne ein Brandbeschleuniger des sich bereits über Jahre abzeichnenden Personalmangels. Denn Personalmangel zeigt sich nicht nur durch fehlende Mitarbeiter sondern auch durch nicht entsprechende Qualifikation. Im ersten Moment scheint die Arbeit in der Gastronomie fachlich nicht besonders anspruchsvoll, genau das Gegenteil ist der Fall! Ich denke, die meisten von uns haben sowohl als Gast, als auch als Gastgeber einschlägige Erfahrung in diese Richtung gemacht.

Die derzeitige Situation ist, wenn man so möchte, das letzte Stadium dieser Entwicklung.

Hat man sich als stolzer Österreicher in den 70er und 80er Jahren noch darüber aufgeregt, wenn das Servicepersonal zum Dessert Käsesahnetorte statt Topfentorte angeboten hat, so durfte man in den folgenden Jahrzehnten alle möglichen Sprachbarrieren, sowohl im Service als auch in der Küche überwinden lernen. Was grundsätzlich kein Problem ist, allerdings doch ein deutliches Signal, wenn immer weniger Landsleute in der Gastronomie arbeiten wollen und die Branche gezwungen ist auf ausländische Arbeitskräfte zurückzugreifen. Diese kommen nicht weil es so schön bei uns ist, sondern ausschließlich um des Verdienstes wegen. Ohne diese Menschen wäre der Personalbedarf schon vor längerer Zeit nicht mehr abzudecken gewesen. Der Leidensdruck für den Arbeitgeber mit dem Personal immer am Limit zu sein, war zwar da, doch der Betrieb konnte dank dieser Ressource aufrecht erhalten werden. Das hat sich seit Corona schlagartig geändert.

Gemäß den erwähnten kleinen Ereignissen gibt es viele Gründe für diese Situation. Alle aufzuzählen und zu analysieren würde den Rahmen dieser Kolumne sprengen. Mein erster Ruf nach Abhilfe gilt nicht dem Staat, sondern abermals den Betrieben, ihre unternehmerische Kreativität diesmal der Personalentwicklung zu widmen und sich zu überlegen, wie in Zukunft die wichtigste Ressource, der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin, gewonnen, entwickelt, gehalten und dauerhaft motiviert werden kann. Eines muss allerdings nüchtern erwähnt werden, dieser Weg wird ein schmerzvoller und langer sein, denn ähnlich wie bei verlorenen Kunden, dauert es wesentlich länger diese zurückzugewinnen, als zufriedene Kunden, in unserem Fall Mitarbeiter, zu halten.

Auch der Regierung ist die schwierige Situation bewusst. Es liegt an uns Interessenvertretern die dringende Notwendigkeit flankierender Maßnahmen klar einzufordern, wie zum Beispiel endlich eine deutliche Entlastung der Lohnnebenkosten. Wir sind nun mal eine der personalintensivsten Branchen. Oder wollen wir am Ende von Maschinen bedient werden?

Euer
Peter Dobcak