Moritz Huth: Ausruhen kommt nicht in Frage!

Dominik Köhler

Moritz Huth, Sommelier ©Culinarius

Im Interview mit Gastro.News spricht der, im Sehen beeinträchtigte, Sommelier Moritz Huth über seinen Vorteil bei Verkostungen, die Magie des Weins und verrät, warum der Beruf des Sommeliers immer relevant bleibt.

Gastro.News: Vorab, Gratulation zur abgeschlossenen Ausbildung zum Sommelier.  
Huth: Vielen Dank.

Gastro.News: Wo hast du die Ausbildung gemacht und warum hast du dich für den Beruf des Sommeliers entschieden?
Huth: Gelernt habe ich am Wifi Wien. Das war aufgrund meines stark eingeschränkten Sehvermögens zu Beginn eine große Herausforderung für mich. Aber ich muss sagen, dass schon in der Vorbereitung, genau wie an den Ausbildungstagen hervorragende Arbeit geleistet wurde. Der Beruf als Sommelier kommt mir persönlich entgegen, weil ich meine Sehkraft dazu kaum benötige. Mein Geruchs- und Geschmacksinn profitieren davon. Abgesehen davon stamme ich aus  einer Gastronomiefamilie und bin mit der Branche schon früh in Berührung gekommen.

Gastro.News: Deine Eltern Gabi und Robert Huth sind in der Wiener Gastronomie bestens bekannt und vernetzt. War der Weg in die Branche vorbestimmt?
Huth: Die Gastronomie wurde mir natürlich ein Stück weit in die Wiege gelegt. Alles andere zu behaupten wäre gelogen. Allerdings habe ich mir meinen Weg selbstverständlich eigens aussuchen können und auch ausgesucht. Meine Eltern sind froh darüber, dass ich Interesse und Spaß an der Branche gefunden habe. Druck gab es dahingehend aber nie.

Tatsächlich kann man sagen, dass der Sehsinn bei der Weinverkostung die geringste Rolle spielt. Das kommt mir entgegen.

Moritz Huth

Gastro.News: Wie geht es jetzt weiter, welchen neuen Aufgaben stellst du dich in naher Zukunft?
Huth: Ich bleibe in Wien und widme mich weiter meiner Ausbildung. Im September starte ich mit dem Studium für europäische Wirtschaft und Unternehmensführung. Damit schaffe ich mir ein gutes Fundament für meine berufliche Zukunft. Außerdem vertiefe ich die Ausbildung zum Sommelier und starte noch diese Woche eine Weiterbildung zum „Sparkling Wine Connaisseur“. Man kann in meinem Alter (19) nicht genug dazulernen. Insbesondere für die Gastronomie gibt es so viele spannende Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung.

Gastro.News: Ist die Selbständigkeit das erklärte Ziel für die Zukunft?
Huth: Grundsätzlich ja. Bis dahin ist es aber noch ein sehr weiter Weg.

Gastro.News: Sommeliers gibt es mittlerweile in ganz verschiedenen Bereichen der Kulinarik. Von der Milch übers Fleisch bis hin zum Wasser wird die Expertise zunehmend gefragter. Wie stehst du zu diesem immer breiter werdenden Angebot?
Huth: Ich bin der Meinung, dass jeder Sommelier in seinem Bereich eine ganz wichtige Funktion erfüllt. Und der Wein ist auch nur ein Teil des großen Ganzen. Wir haben im Zuge der Ausbildung über eine sehr breite Palette an Getränken und deren Eigenschaften gesprochen. Vom Wasser bis zu den Spirituosen. Ein Sommelier ist im Restaurant der Fachmann für alle angebotenen Getränke. Da muss man den Beruf schon komplexer betrachten. Obwohl der Wein natürlich einen ganz besonderen Stellenwert einnimmt. Das steht außer Frage.

Der Sommelier im Interview mit Gastro.News ©Culinarius

Gastro.News: Warum ist das so?
Huth: Weil Wein ein sehr vielseitiges Produkt mit unzähligen Liebhabern ist. Mit Charakter, Geschichte und Tiefe. Ein Produkt, das auch für abendfüllenden Gesprächsstoff sorgen kann. Als weinaffiner Mensch geht es beim Genuss eines guten Weins immer um mehr als einfach zu trinken. Ein guter Sommelier informiert dann gerne über die besonderen Qualitäten verschiedener Weine. Ich glaube auch, dass je gehobener die Gastronomie ist, desto wichtiger wird die Rolle des Sommeliers. Die Gäste interessieren sich mehr für die Produkte und deren Hintergrund. Sie nehmen sich Zeit, lassen den Wein atmen und genießen schon den Geruch.

Gastro.News: Apropos Geruch, worauf ist bei einer Weinverkostung besonders zu achten?
Huth: Tatsächlich kann man sagen, dass der Sehsinn bei der Weinverkostung die geringste Rolle spielt. Das kommt mir entgegen. Natürlich gibt es optische Faktoren wie Farbe, Klarheit oder Viskosität, die Aufschluss über einiges geben. Am Ende entscheiden aber Nase und Gaumen über Gefallen oder Missfallen eines Weines. Und die sind bei mir nun recht gut geschult. (lacht)

Ich bin der Meinung, dass jeder Sommelier in seinem Bereich eine ganz wichtige Funktion erfüllt.

Moritz Huth

Gastro.News: Guten Wein gibt es nicht nur in der gehobenen Gastronomie. Worauf ist beim Kauf einer Flasche Wein im Supermarkt zu achten?
Huth: Das ist schwer zu beantworten. Denn ich glaube, dass die Leute die sich intensiv mit Wein beschäftigen, ihre Flaschen selten oder gar nicht im Supermarkt kaufen.

Gastro.News: Sondern?
Huth: Da gibt es mehrere gute Möglichkeiten. Am besten man kauft direkt vom Winzer. Oder man besucht einen der vielen Weinfachläden in der Stadt, die sich auf das Produkt spezialisiert haben. Natürlich gibt es auch gute Weine im Supermarkt, das soll nicht falsch verstanden werden, der Dialog mit dem Winzer schafft aber eine gewisse Tiefe, Faszination und ein Verständnis für den Wein, abgesehen davon, dass das Sortiment mehr hergibt. Das fehlt beim Griff ins Supermarktregal.

Gastro.News: Wie viel darf eine gute Flasche Wein kosten?
Huth: Das hängt in erster Linie vom individuellen Budget ab. Aber ich kann reinen Gewissens sagen, dass es auch um kleines Geld sehr gute Weine zu kaufen gibt. Die Preise sind aber wie bei allen Luxusgütern sehr variabel. Es gibt wahnsinnig gute Weine, die wahnsinnig viel kosten. Das muss aber nicht sein. Einen Top Wein aus Österreich bekommt man auch um rund 30 Euro oder noch weniger. Genauso wie es im subjektiven Geschmack für jeden sicher auch teure Weine gibt, die nicht gut sind.

Gastro.News: Aus welcher Region dieser Welt kommt für dich der beste Wein?
Huth: Ich bevorzuge grundsätzlich Weißweine und bin ein großer Fan von der Burgund. Allerdings auch von österreichischen Reben und Jahrgängen. Insbesondere die Weine aus der Wachau und dem Kamptal begeistern mich. Lagen/Rieden wie der Heiligenstein, Achleiten oder Singerriedel sind einfach einzigartig für den Weinbau.

Es braucht immer einen guten Sommelier, um den Menschen die Magie und den Mythos des Weins näher zu bringen.

Moritz Huth

Gastro.News: In einem Wort: trocken oder lieblich?
Huth: Trocken.

Gastro.News: Warum sollten mehr Jugendliche den Beruf des Sommeliers lernen?
Huth: Der Sommelier ist ein sehr spezieller Beruf, einer der auf den ersten Blick nicht besonders viele Möglichkeiten bietet. Auf den zweiten Blick ist das aber ganz anders. Ich kenne viele Sommeliers, die gar nicht in der Gastronomie beschäftigt sind, sondern als Weinjournalisten oder als Verkoster arbeiten. Möglichkeiten gibt es viele. Und ich finde es braucht immer einen guten Sommelier, um den Menschen die Magie und den Mythos des Weins näher zu bringen. Darum wird dieser Job nie untergehen.

Gastro.News: Vielen Dank für das Gespräch.

Huth da Moritz
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Website: Huth da Moritz