Restaurantkritik: Meierei im Stadtpark

Marko Locatin
Entree der Meierei im Stadtpark ©Marko Locatin

Entree der Meierei im Stadtpark ©Marko Locatin

Die Euphorie war groß. Es war der Höhepunkt der Guide-Michelin Gala im Hangar 7, als Heinz Reitbauer den lange verdienten 3. Stern entgegen nahm. Nach dem Restaurant Amador hat Österreich nun mit dem Steirereck einen 2. Drei-Sterner. Marko Locatin hat sich des Steirerecks „kleine Schwester“ näher angesehen.

Der Standort

Direkt am Wienfluss ufert, mit Blick auf den Stadtpark, das Steirereck sowie dessen schlicht in Weiß gehaltene „kleine Schwester“, die Meierei. Stimmungsvolle Akzente setzt die Natur selbst, stets präsent durch die raumhohe Verglasung. In der sanft ausgeleuchtete Käsetheke wiederum findet sich nicht nur eine Auswahl an perfekt gereiftem Käse – sie dient auch als hübscher optischer Kontrast zu dem sonst etwas nüchternen Ambiente.

Käse wird heute ausnahmsweise ausgelassen, denn wir haben uns zum späten Lunch (Mittagskarte: 12.00-18.00) verabredet. Als Mittagswein soll’s heut‘ ein Silvaner sein. Weingut Saalwächter, Jahrgang 2021, Alte Reben. Das rare Gewächs wurzelt gerade einmal auf einer Fläche von einem Viertel Hektar. Frisch, klar, leicht mineralisch, in der Säure mehr rund als spitz, rinnt er geschmeidig die Kehle hinab. Wenig später schon kommen Brotkorb mit Butter sowie der erste Gang an unseren Tisch.

Speis und Trank

Mit einer ordentlichen Portion Schnittlauch wird eine solide, sparsam gewürzte Beinfleisch Suppe aufgetragen. Die öfter monierte lange Wartezeit ist hier, wir haben nicht mitgestoppt, gefühlsmäßig völlig in Ordnung. Wer gut essen möchte, sollte auch die Zeit dafür aufbringen.

Beinfleisch Suppe mit Grießnockerln ©Marko Locatin

Gut geformt, kompakt mit Biss erfreut das Nockerl. Dass dem in der Suppe befindlichen Beinfleisch mit Messer und Gabel begegnet werden muss, mutet, nun ja, etwas umständlich an.

Kalbsbeuscherl mit Majoran und Petersielknödeln ©Marko Locatin

Gang zwei: Kalbsbeuscherl. Ein Klassiker der österreichischen Küche, in der Meierei meines Wissens seit immer plus ewig auf der Karte. Im sämigen Beuscherl dominiert die Säure, abgefedert durch die flaumigen Knödel. Im Vergleich zu Altmeister Reinhard Gerers Referenzgericht, dem legendären Rieslingbeuscherl, ist die Meierei-Interpretation mehr Veltliner denn Riesling.

„Fischstäbchen“ von der Bergforelle ©Marko Locatin

Mein Mitesser (*Name der Redaktion bekannt) wählte die als Vorspeise avisierten „Fischstäbchen“ von der Bergforelle als Hauptgang. Der Fisch war: sehr knackig. Mit der rustikalen Panier hatte diese Kombination deutlich mehr Biss zu bieten als Finesse. Das pinke Schäumchen, wir interpretierten es als eine Art Tarama-Salata (Grundlage: Fischrogen verlegt mit Öl), vermochte den „Fischstäbchen“ keinen zusätzlichen Kick zu verleihen. Als Beilage wurde ein Erdäpfel-Waldkräuter-Salat gereicht. Dezent mariniert, kaum Salz, wie bei den meisten Gerichten, was freilich Heinz Reitbauers Stil ist. Nicht Gewürz, das Produkt spielt die Hauptrolle.

Das Fazit

Die Meierei ist natürlich immer einen Besuch wert. Den feinen Frühstücksvariationen und den nachmittags stündlich ofenfrischen Mehlspeisen gilt uneingeschränkte Empfehlung. Einige Gerichte der Mittagskarte jedoch gerieten an diesem Tag ungewöhnlich unpräzise. Auch der Service offenbarte Schwächen. Weltklasse hingegen der prickelnde Abschluss: Blanc de Blanc vom Weingut Bründlmayer.

Meierei im Stadtpark
1030 Wien
www.steirereck.at