Von neuem Konzept bis zum einzigartigen Marketing: Wie Gastronomiebetriebe ihr Überleben sichern

Maximilian Rothermund

Nachwehen der Corona-Pandemie, steigende Energiekosten, fehlendes Personal oder sparsame Gäste – Gründe gibt es viele, warum Gastronomiebetriebe ihre Pforten schließen. Bei anderen läuft es hingegen rund. Die Frage ist: Was machen sie anders? 

Im Café Francais in der Währingerstraße in Wien drehen sich die Gespräche neuerdings um ein Wort: Sanierungsverfahren. Denn ein solches hat das beliebte Refugium für frankophile Wiener:innen nun eröffnen müssen. Ausgang ungewiss. Auch im beschaulichen Wartberg in Oberösterreich ist ein Gastronomiebetrieb in die Insolvenz geschlittert. Die Rede ist vom Restaurant Gxunderia im Consento Vision Park. Und wer in Wolfurt, nahe des Bodensees, im Gasthaus Stern einkehren wollte, wird ebenso enttäuscht. Auch dort wurde ein Konkursverfahren eröffnet. Das sind nur drei Beispiele für die vielen negativen Schlagzeilen aus der Gastronomie, die dieser Tage kursieren. Der Druck steigt also. Und dabei sind die Ursachen für Insolvenzen vielfältig. So analysierte etwa der Kreditschutzverband die Insolvenzen jener 1706 Wiener Unternehmen aus dem letzten Jahr und kam zu folgender Erkenntnis: Operative Ursachen, wie Absatzschwäche oder eine schlechte Kostenstruktur, sind die häufigsten Gründe, warum Betriebe pleitegingen. Auf Platz zwei folgen sowohl unbeherrschbare Umstände wie die Corona-Pandemie, als auch Gründerfehler, wie etwa zu wenig Eigenkapital oder eine fehlende Eignung, dicht gefolgt von persönlichem Verschulden. 

Strukturwandel vollzieht sich 

Doch auch wenn sich das auf den ersten Blick nicht rosig anhört, so geben andere Statistiken Anlass zur Hoffnung – auch, wenn die gestiegenen Lebenserhaltungskosten die Ausgabebereitschaft der Österreicher nach wie vor bremsen. So blieb die Anzahl der Gastronomiebetriebe in ganz Österreich seit 2019 dennoch stabil – in Wien ist sie sogar um knapp 200 Betriebe gestiegen. Wohl auch dank der Corona-Hilfen. Und noch etwas fällt auf: Still und heimlich vollzieht sich ein Strukturwandel. Soll heißen: Zwar schrumpfte österreichweit die Zahl der Gasthäuser, dafür gibt es nun mehr Restaurants. Und auch, wenn einige Café-Konditoreien schließen mussten, so machten sich dafür mehr Menschen mit Catering- und Partyservice selbstständig. Doch egal, ob Restaurant oder Lieferküche – um in dem heißen Kochtopf namens Gastronomie zu überleben, machen diese erfolgreichen Gastronomen wohl etwas anders als der Rest. Die Frage ist: was? 

Sich auf das Unmittelbare konzentrieren

Ohne Konzept geht in der Gastronomie heute gar nichts mehr. Und dazu zählen nicht nur Überlegungen in Hinblick auf das Lokal, die Zielgruppe, die passenden Speisen oder die Öffnungszeiten, sondern eines rückt dabei ebenso immer mehr in den Fokus: das Sich-Rückbesinnen auf das Nahe. Das heißt: Regionalität wird immer mehr zum Gebot der Stunde. Denn die Gäste sind – nicht zuletzt durch Corona – diesbezüglich anspruchsvoller geworden und wollen keine Lebensmittel mehr auf ihren Tellern vorfinden, die allzu weite Transportwege hinter sich haben oder in einem Lokal essen, das die hiesige Umwelt nicht schätzt. Ja mehr noch: Viele Gastronomen entdecken nun auch, dass sich aus dem Unmittelbaren – den Wäldern, die ein Hotel umgibt oder dem einzigartigen Straßenflair, in dem sich ein Wiener Café befindet – eigentlich sehr viel machen lässt. All das spielt beispielsweise auch bei den jüngst von HolidayCheck gekürten Top-Hotels in Österreich eine essenzielle Rolle. So punkteten die Top-3-Hotels allesamt nicht nur durch ihre hervorragende Lage, sondern auch durch die Spitzen-Gastronomie mit regionalen Zutaten.

Speisen müssen längst nicht mehr nur gut schmecken, sondern auch gut aussehen. Und dabei geht es um die perfekte Inszenierung auch für diverse Marketing-Kanäle.

Ein guter Marketingmix ist Trumpf

Preise und Auszeichnungen sind das eine, aber moderne Gastronomiebetriebe kommen auch nicht mehr um ein ausgeklügeltes Marketing herum, das alle Kanäle einschließt und sowohl die Offline- als auch die Online-Welt berücksichtigt. An erster Stelle steht hierbei eine ansprechende Website, die nicht nur übersichtlich und aktuell ist, sondern auch von den Nutzern rasch gefunden wird. Suchmaschinen-Optimierung heißt in diesem Zusammenhang das Zauberwort. Aber das ist längst nicht alles: Insbesondere um die junge Generation zu erreichen, ist es wichtig, diverse Social-Media-Kanäle zu bespielen und neuen Content zu kreieren. Ob Einblicke in den Entstehungsprozess neuer Gerichte, Gewinnspiele oder Einladungen zu kulinarischen Wochen – hier ist Kreativität abseits der Küche gefragt. Angesagte Gastronomiebetriebe holen sich hierfür auch Influencer mit ins Boot. Das eigene Konzept sollte sich aber auch in der Arbeitskleidung, Tischwäsche oder im Außenbereich auf Fahnen widerspiegeln

In die nächste Generation investieren

Nur ans Hier und Jetzt denken – das war gestern. Das zeigt sich nicht nur an nachhaltigen Bestrebungen, wie Zero-Waste-Konzepten, dem Verwenden regionaler und saisonaler Ingredienzien oder dem Verkaufen von Resten, sondern dabei geht es auch um das Ausbilden von Nachwuchstalenten. Denn so wird die nächste Generation nicht nur optimal auf die Gastronomie vorbereitet, sondern ist vielleicht sogar gleich Feuer und Flamme für den eigenen Betrieb. Die gute Nachricht: Mit ihren Pflichtpraktika sind die österreichischen Schüler:innen derzeit großteils zufrieden, wie eine Befragung im Auftrag der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) ans Licht brachte: So gab es Bestnoten für Bereiche wie die Einführung in betriebliche Abläufe, Einblicke in die Praxis oder die persönliche Weiterentwicklung im Betrieb. Schlecht bewertet wurden hingegen die Dienstzeiten.

Neue Arbeitszeitmodelle auf dem Vormarsch 

Apropos Dienstzeiten: Fakt ist auch, dass die nächste Generation weitaus kritischer ist – nicht nur in puncto Lohn, sondern auch, was die Arbeitszeiten betrifft. Das letzte Stündchen der 6-Tage-Woche scheint also schon längst geschlagen zu haben. Stattdessen bieten immer mehr erfolgreiche Gastronomiebetriebe ihren Mitarbeiter:innen moderne Arbeitszeitmodelle an – Kurs Richtung 4-Tage-Woche. Denn vielfach ist dies die einzige Chance, um noch geeignetes Personal zu finden. So setzt etwa das Parkhotel Brunauer in Salzburg seit Mai 2022 auf eine 4-Tage-Woche bei 36 Stunden Arbeitszeit pro Woche. Laut dem Geschäftsführer genießen die Angestellten das neue Konzept und es trudeln viel mehr Bewerbungen ein. Auch das Restaurant „Leo“ in Kalsdorf bei Graz stellte im vergangenen Jahr auf eine 4-Tage-Woche um. Und sogar schon seit fünf Jahren bietet das Hotel Aviva in St. Stefan-Afiesl in Oberösterreich seinen Mitarbeiter:innen eine Vier-Tage-Woche an, wodurch diese entspannter, motivierter und flexibler seien.