Tantris Chef de Cuisine Benjamin Chmura im Talk

Christin Pogoriutschnig

Benjamin Chmura ist einer der besten Köche Deutschlands und führt seit 2021 die Küche des 2-Sterne Restaurants Tantris in München. Zwischen sorgfältigem Handwerk und französischer Küche berührt sein Kochstil Gaumen, Auge und Herz. Gastro.News hat den Chef de Cuisine zum Gespräch gebeten.

Im fernöstlich inspirierten, modernen Ambiente des mit zwei Michelin Sternen ausgezeichneten Restaurants „Tantris Maison Culinaire“ in München steht die Zeit still. Wer das Lokal betritt, schreitet in eine positiv beeindruckende Ruheoase, die Eleganz versprüht. Das aufmerksame Serviceteam wacht mit Argusaugen über das Wohlergehen der Gäste, während die Sommeliers nicht zögern, spannende Details zur Weinauswahl zu verraten. Das Menü kommt von Chef de Cuisine Benjamin Chmura. Der Kosmopolit übernahm 2021 das Zepter in der Küche des Tantris und begeistert seitdem mit kreativer französische Küche und sorgfältigem Küchenhandwerk. Gastro.News war im Tantris zu Gast, um das Restaurant mit allen seinen Facetten kennenzulernen und hat in diesem Zuge Benjamin Chmura zum Interview getroffen.

© Kathrin Koschitzki

DAS INTERVIEW

Gastro.News: Das Tantris Maison Culinaire definiert sich u.a. über „Handwerk“. Was macht gutes Handwerk in Ihrer Küche aus?

Chmura: Genau, im Tantris Maison Culinaire fokussieren sich unsere Aktivitäten auf Handarbeit. Alle Speisen, die wir im Menü Restaurant Tantris, im À-la-carte Restaurant Tantris DNA und in der Bar Tantris anbieten, stellen wir zu 100% in der Küche oder in der Pâtisserie her. Die Basis sind hochwertigste Zutaten sowie ein tiefes Verständnis des französischen Savoir-faire in der Küche: Disziplin, exakte Rezepte, ein großes Repertoire an Kochtechniken, höchste Präzision und fein abgestimmte Geschmacksbilder. Das alles natürlich verbunden mit viel Passion, respektvollem Umgang mit denverwendeten Lebensmitteln und Leidenschaft für die tägliche Arbeit.

Entsprechend der Tradition der französischen Haute Cuisine legen wir großen Wert auf die Herstellung der Fonds und Saucen. Sie bilden die Basis unserer Gerichte und verbinden die einzelnen Komponenten eines Gerichtes erst zu einem Ganzen. Wir verwenden außerdem viele traditionelle Garmethoden, wie Schmoren, Grillen, Pochieren, Sautieren, Dämpfen, um den unvergleichlichen Eigengeschmack jedes einzelnen Lebensmittels bestmöglich zu erhalten. Auch in der Pâtisserie und der Boulangerie arbeiten wir nach diesen Prinzipien. Wir haben höchsten Anspruch an das Handwerk und an die verwendeten Rezepte.

Zu einem stimmigen Gesamtkunstwerk und Erlebnis gehören natürlich auch ein professioneller Service und ein Sommelier mit einer interessanten und spannenden Weinempfehlung. Am wichtigsten ist aber mein internationales Team, das sein großartiges Fachwissen und Handwerkskunst täglich einbringt! Diese großartigen und leidenschaftlichen Menschen sind die wahren Stars in der Küche und im Service.

Warum hat gerade die französische Küche die Vorreiterrolle in der hohen Gastronomie?

In Frankreich wurde der Grundstein der Haute Cuisine und Gourmetküche gelegt. Dort wurde die Basis für die Arbeitsteilung auf unterschiedliche Posten und Aufgaben kreiert und perfektioniert. Schon im 19. Jahrhundert gab es die ersten brillanten Rezepte von Savarin und Escoffier. (Anm. Meisterkoch Auguste Escoffier und Gastrosoph Jean Brillat-Savarin, Wegweiser der Haute Cuisine). Die Küche und gutes Essen sind dort ein hohes Kulturgut, das ernst besprochen und mit dem respektvoll umgegangen wird. Diese Kochtechniken und Rezepte wurden und werden immer noch von Generation zu Generation weiterentwickelt und so entstand ein einzigartiges Repertoire von Savoir-faire und Esskultur.

Was unterschiedet Ihre Arbeit im Tantris von früheren Stationen?

Unsere verwendeten Produkte und Lebensmittel sind ausschließlich saisonal, da sich diese dann immer auf dem Höhepunkt ihres Geschmacks befinden. Wann immer möglich beziehen wir die Zutaten aus der Region von unseren langjährigen Partnern, Produzenten und Landwirten. Die Beziehung zu diesen Partnern steht für uns im Mittelpunkt. So ändert sich das Menü, das wir gemeinsam als Team erstellen, ständig. Zum Beispiel wurde unsere Aprikosentarte nach kurzer Zeit von einer aktuell saisonalen Feigentarte ersetzt. Es ist ein ständiger saisonaler und ganz natürlicher Wandel.

Gibt es ein Gericht, das Ihre Gäste – oder auch Sie selbst – aktuell am meisten begeistert?

Thunfisch mit Sauce Bordelaise. Ein Gericht, welches wir nur 2 Monate auf unserer Karte haben. Der Thunfisch kommt aus der Bretagne und wird von kleinen traditionellen Fischerbooten aus geangelt. Eine unglaubliche Qualität! Die Kombination des rohen Thunfisches mit Steinpilzen, Kaviar und der Sauce auf Basis von Rotwein und Schalotten gefällt unseren Gästen sehr gut!

Sie basieren Ihre Gerichte auf dem, was der Markt täglich hergibt. Was sind Ihre saisonalen Lieblingszutaten?

Ich bin ein echter Pilzfan! Ich arbeite gerne mit Champignons und Steinpilzen. Ich liebe aber auch Wurzelgemüse oder alte Gemüsesorten, die in Vergessenheit geraten sind. Diese haben einen unvergleichlichen natürlichen Geschmack.

Was ist Ihrer Meinung nach eine Zutat, die in ihrem Potenzial völlig unterschätzt wird?

Kartoffeln – in einem Gratin Dauphinois oder als Pommes Soufflées. Es gibt so viele großartige kreative Kartoffelgerichte!

Wie kocht ein Chefkoch Ihrer Größe im privaten Rahmen?

Wenn ich zuhause bin, mag ich die ganz einfache Küche, mit guten saisonalen Produkten und viel Gemüse! Alles immer vom Wochenmarkt von regionalen Produzenten.

Es wird erwartet, dass mit der Veränderung des Weltklimas auch eine Veränderung unseres Konsumverhaltens einhergehen wird. Welche Veränderungen werden Ihrer Meinung nach langfristig in unserer Ernährung notwendig sein; und mit welchen Herausforderungen und Chancen wird die Gastronomie konfrontiert sein?

Es werden in Zukunft sicherlich weniger tierische Produkte gegessen werden. Man merkt bereits jetzt eine Wandlung zu vegetarisch und vegan. Daher haben wir beschlossen im Tantris auch ein vegetarisches Menü anzubieten. Ein verantwortungsvoller Umgang mit unseren Ressourcen, wird immer wichtiger für uns alle. Ich bin stolz, dass wir im Tantris Wert auf Saisonalität und Regionalität im höchsten Maße legen. Eine Ananas im Winter, wenn sie nicht aus Europa kommt, werden Sie bei uns nicht finden, da sind wir absolut konsequent! (Anm. Die servierten Kiwis bei unserem Besuch stammten sogar aus Bayern! Gastro.News berichtete.)

Vielen Dank für das Gespräch!

So kreativ können Fischgerichte im Tantris aussehen – wie hier die Rotbarbe © Annette Sander