„Mit ohne Verpackung“: Lunzers Maß-Greißlerei

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Wien (Culinarius) – Jeder kennt das Problem: Man stellt sich seine Zutaten für die Zubereitung eines Gerichts zusammen und merkt schnell, dass der abgepackte Fünf-Kilo-Sack Kartoffeln aus dem Supermarkt unterm Strich vielleicht doch ein wenig zu viel ist. Hier schafft seit geraumer Zeit Lunzers Maß-Greißlerei Abhilfe: Vom frischen Gemüse und Obst, den verschiedensten Getreidesorten und Mehl über Süßes und Salziges bis hin zu Tees, Milchprodukten, Getränken und sogar Reinigungsmittel reicht die stolze Produktpalette. Ein kleiner Lokalaugenschein in Lunzers Maß-Greißlerei, Wiens erstem Geschäft für unverpackte Lebensmittel.

Starker Fokus auf Nachhaltigkeit und bewussten Konsum

Seit nun mehr als zwei Jahren befindet sich in der Heinestraße 35 im zweiten Wiener Gemeindebezirk Wiens erstem Geschäft für unverpackte Lebensmittel: Lunzers Maß-Greißlerei. Gründerin und Mastermind hinter dem Projekt, Andrea Lunzer, setzt mit ihrem Konzept besonders stark auf Nachhaltigkeit und verantwortungsbewussten Konsum – denn die angebotenen Produkte sind ausschließlich biologisch, unverpackt und können in maßgenauer Menge gekauft werden. Dass Nachhaltigkeit, Bioqualität und Verantwortungsbewusstsein bereits bei den Lieferanten anfängt, weiß die ehemalige „Zurück zum Ursprung“ Marketingmanagerin: „Im Idealfall schau ich mir die Betriebe an von welchen wir unsere Produkte beziehen. Wenn ich einen landwirtschaftlichen Betrieb sehe, welcher versucht sie (die zuvor genannten Kriterien, Anm.) zu erfüllen, ist es für mich sehr wichtig zu unterscheiden, ob dieser Betrieb aus Überzeugung so handelt oder ob er sich beispielsweise aus marketingstrategischen Gründen nach dieser Devise agiert. Es beginnt zum Beispiel schon bei einer Frage wie „welche Sorten baut der Lieferant an?“ und geht dann bis zu der Frage woher er sein Saatgut bezieht.“ Ein weiterer wesentlicher Aspekt für Lunzer ist der Weg, welchen ihre Produkte zurücklegen müssen: „Mir ist es auch sehr wichtig, dass alles so direkt wie möglich zu uns kommt.“ Dies ermögliche es, einerseits den ökologischen Fussabdruck zu vermindern und andererseits die Preise (aufgrund der ausbleibenden Zwischenhändler) niedrig zu halten.

Ein Greißler, der mehr als ein Greißler ist

Von außen lässt es sich bereits erahnen: Der „Greißler“ ist hier nur ein Teil des Gesamtkonzepts. Der Laden selbst gleicht einer klassischen Greißlerei wie sie manch Einem noch aus jüngeren Tagen in Erinnerung geblieben ist: Statt seelenloser Supermarktregale begrüßt einen die sorgfältig gestaltete Einrichtung und statt der klassischen Massenabfertigung an der Kassa wird man persönlich und freundlich beraten und bedient. Auch vor dem Geschäft findet sich eine äußerst liebevoll gestaltete Auslage, welche mit ihren davor stehenden farblich abgestimmten Tischen und Sesseln zum Verweilen und Entspannen einlädt. „Mir war es wichtig, einen Ort zu erschaffen, an dem ich mich wohlfühle – und das beginnt beispielsweise schon beim Fußboden – deswegen haben wir hier einen Parkettboden und Holzregale, statt Fliesen und Metall.“ Dass der Greißler mehr als ein einfacher Greißler ist, zeigt sich auch durch einen weiteren Teil des Gesamtkonzepts: Denn als Ergänzung zum Laden selbst hat auch ein kleines Café/Bistro seinen Platz gefunden. „Zu Beginn gab es in unserem Café tatsächlich nur Säfte, Café und Kuchen. Nach einiger Zeit begannen Angestellte der umliegenden Büros anzufragen, ob wir auch Mittagsmenüs anbieten, da es hier im Grätzl kaum vegetarisches/biologisches Essen gibt.“ Die Ideen hinter den Tagesgerichten richten sich nicht nur nach Saison sondern auch nach dem Wetter – „An einem verregneten, kühlen Sommertag beispielsweise werden wir natürlich versuchen, eher etwas Wärmendes anstatt eines leichten Salates anzubieten. Es ist also eine recht spontane Geschichte was auf der Karte steht.“, erklärt Lunzer und fährt fort: „Wir versuchen natürlich für jeden etwas zu bieten: Von kleine Snacks bis hin zu einem warmen Mittagsteller und einer warmen Suppe, welche eben jeden Tag wechselt.“ Der Abfallvermeidungs- und Nachhaltigkeitsgedanke spielt für sie auch hier eine aktive Rolle: „Das Café ist wie unsere eigen Kreislaufwirtschaft im Kleinformat. Wir haben hier die Ware und können so total flexibel darauf reagieren.  Wenn wir beispielsweise zu viel Melanzani bestellt haben, dann verkochen wir diese einfach. Wir entnehmen für unsere Küche eben die Produkte, welche wir bestellt haben und somit können wir garantieren, immer frisch zu kochen.“
Der Erfolg spricht für sich 

„Für mich war bereits der erste Run bei der Eröffnung eine wahnsinnig positive Überraschung – wir sind dabei quasi aus allen Nähten geplatzt. Nun, nach zweieinhalb Jahren, kann man mittlerweile sagen, dass wir einen sehr großen Stammkundenanteil haben.“
Doch nicht nur im Grätzl ist der Greißler bereits zu einer Institution geworden: „Wir haben auch viele Kunden, welche beispielsweise aus Schwechat herkommen um bei uns einzukaufen und einen Café lang zu entspannen.“  Neben dem Fakt, dass der Greißler ein Fixpunkt für viele Leopoldstädter (und auch darüber hinaus) geworden ist, spricht auch die Tatsache, dass es in Österreich mittlerweile weitere Läden mit diesem Konzept gibt – was für den Erfolg der Idee dahinter. Eines scheint somit in Zukunft sicher: Lunzers Maß-Greißlerei bildet mit seinem intelligenten Konzept und der Idee dahinter einen Gegenpol zum weiter voranschreitenden Sterben der Wiener Greißler.

Fotocredit: Markus Krottendorfer