Vlatka Bijelac: Gastro Job-Jumping vs. Konstanz!

Dominik Köhler

Vlatka Bijelac, die Betreiberin des beef & glory im Interview mit Gastro News ©Sandra Slusna

Die Betreiberin des beef & glory, Vlatka Bijelac spricht im Gastro News Interview über Privates, das Problem mit dem Job-Hopping und den Trend der veganen Küche in Wien.

Das beef & glory in der Florianigasse 35, im 8. Wiener Gemeindebezirk ist weit über die Stadtgrenzen für ausgezeichnete Qualität und rare Fleischspezialitäten bekannt. Gastro News hat die Betreiberin Vlatka Bijelac zum Interview gebeten.

Gastro News: Die Gastronomie ist nicht gerade bekannt für reichlich Freizeit und den üblichen „9-to-5“-Hamsterrad-Arbeitsalltag. Wie lässt sich das mit Familie und Privatleben vereinbaren?
Bijelac: Dazu braucht es Wille und ab und an kreative Lösungen. Unsere Tochter ist in die Branche hineingeboren. Ich bin damals rasch nach der Geburt wieder arbeiten gegangen. Mit dem Unterschied, die Kleine rund 16 Stunden täglich in der Tragetasche bei mir zu haben. Natürlich ist das hart und für viele unvorstellbar. Für mich war das normal.

Gastro News: Würdest du es heute nochmal genauso machen?
Bijelac: Mittlerweile bin ich egoistischer geworden. Jetzt gibt es einen Mama- und einen Familien-Tag in der Woche. Damit müssen sich unsere Gäste abfinden. Die restliche Zeit bin ich im Restaurant und telefonisch erreichbar. Auch das ist keine Seltenheit in unserer Branche.

Gastro News: Wie viele Stunden Anwesenheit im Lokal braucht es, um dem Wunsch der Gäste zu genügen?
Bijelac: 24 Stunden an sieben Tagen der Woche. (lacht)

Restaurant beef & glory ©Sandra Slusna

Gastro News: Die Spitzengastronomie ist nach wie vor eine Männerdomäne. Wie denkst du über das Ungleichgewicht der Geschlechterverteilung im oberen Segment der Branche?
Bijelac: Ich finde es sehr schade, dass sich die Frauen in unserer Branche auch heute noch unter Wert verkaufen. Denn wir stehen unseren männlichen Kollegen in nichts nach. Ich habe glücklicherweise einen Mann an meiner Seite, der mich ständig pusht und in allen Lebensbereichen unterstützt. Dem es wichtig ist, mich als Betreiberin des beef & glory im Vordergrund zu sehen. Gleichberechtigung ist für uns keine Frage des Willens, sondern längst gelebter Standard. Am Arbeitsplatz und natürlich auch im privaten Bereich.

Gastro News: Was braucht es heute um für den Nachwuchs als Gastronomiebetrieb und Arbeitsplatz attraktiv zu sein?
Bijelac: Zuerst muss damit aufgehört werden, permanent Negativ-Schlagzeilen über unsere Branche zu vermitteln. Denn der allgemeine Tenor lautet zu Unrecht, dass die Arbeit in der Gastronomie unterbezahlt und undankbar ist. Da muss ich vehement widersprechen. Ich habe zwei Magister-Titel und trotzdem zu Beginn meiner Karriere weniger verdient, als unsere Mitarbeiter heute. Außerdem kann man mit der Erfahrung, die in einem oder mehreren Betrieben gesammelt werden, auf der ganzen Welt arbeiten. Das geht nicht in jedem Job.

Gastro News: Braucht es die Erfahrung aus mehreren Betrieben um am Jobmarkt nicht durchs Raster zu fallen?
Bijelac: Erfahrung ist grundsätzlich immer gut. Je mehr desto besser. Ich empfehle aber eine gewisse Konstanz im Bezug auf die Arbeitgeber, denn man sollte sich nicht dazu verleiten lassen, das sogenannte Job-Jumping zum Standard werden zu lassen. Auch Durchhaltevermögen und Beständigkeit werden von den Arbeitgebern positiv wahrgenommen.

Gemütliche Atmosphäre im beef & glory ©Sandra Slusna

Gastro News: Wird im beef & glory bei den Mitarbeitern auf Konstanz gesetzt, oder ist die Rotation wichtig um frischen Wind in den Betrieb zu bringen?
Bijelac: Wir haben Mitarbeiter im Haus, die seit dem ersten Tag dabei sind. Viele glauben sie verpassen etwas, wenn sie nicht alle sechs Monate in einem neuen Betrieb arbeiten. Das halte ich für falsch. Denn damit geht auch die Menschlichkeit verloren, die man sich in einem Team erst mit der Zeit erarbeitet. Und auch der monetäre Aspekt leidet darunter. Denn Mitarbeiter die seit vier oder fünf Jahren bei mir im Betrieb sind, werden natürlich monatlich anders abgegolten, als jemand der ganz frisch dabei ist.

Gastro News: Wie wichtig ist ein guter Online-Aufritt für einen Gastronomiebetrieb um im Jahr 2021 und darüber hinaus erfolgreich zu sein?
Bijelac: Prinzipiell bin ich ein Freund der Mundpropaganda. Auf einen guten Web-Auftritt kann und darf aber keinesfalls verzichtet werden. Unserer Branche lebt von Entwicklungen, Innovationen und Trends. Ohne dabei auf die Tradition zu vergessen. Das gilt für die Speisen, Produzenten, Lieferanten, Optik, Marketing und Vermarktung. Und ein guter Online-Auftritt, gerade auf Facebook oder Instagram, hilft enorm um die Gäste zu informieren und neue Kunden auf sich aufmerksam zu machen. Täglich Top-Qualität auf den Teller zu bringen ist das eine, wahrgenommen zu werden das andere.

Gastro News: Die vegetarische und vegane Ernährung ist längst mehr als eine Trenderscheinung. Wie geht ihr im beef & glory, als ausgezeichnetes Steak-Restaurant, mit dieser Entwicklung um?
Bijelac: Ich esse selber nicht täglich Fleisch. Das ist wichtig und das predige ich auch meinen Mitarbeitern und Gästen. Gerade beim Fleisch sollte man auf die Qualität achten. Und lieber einmal in der Woche ein vernünftiges Steak essen, als jeden Tag mittelmäßige oder sogar mangelhafte Ware. Ja, wir sehen, dass bei einer Gruppe von zehn Gästen im Schnitt ein Vegetarier dabei ist. Das ist aber kein Problem. Und wer vegan bei uns essen möchte, den bitten wir um kurze Bekanntgabe vorab, damit unser Küchenteam etwas Fantastisches zaubern kann. Es stimmt, dass die fleischlose Küche gerade an Bedeutung gewinnt, aber ich betone noch einmal: Ich halte es für falsch jeden Tag Fleisch zu essen. Und das sage ich als Steakhouse-Besitzerin.

Gastro News: Vielen Dank für das Gespräch.

beef & glory

Außenansicht des beef & glory ©Sandra Slusna