Michael Böhm: Wien war immer zu viel Stadt!

Dominik Köhler

Der Gastronom Michael Böhm hat den Familienbetrieb übernommen und führt diesen mit Leidenschaft und Geschick in die Zukunft ©Culinarius

Im Interview mit Gastro.News spricht der Betreiber des Landgasthaus Böhm, Michael Böhm über den Druck, Auszeichnungen zu halten, den Mangel an Fachkräften und die Bedeutung von Marketing für die Branche.

Das Landgasthaus Böhm steht für Tradition und Genuss in Weinzierl. Der mit zwei Gault & Millau Hauben ausgezeichnete Betrieb wird vom Gastronomen Michael Böhm geführt, der als Gastgeber die kulinarischen Geschicke des Restaurants verantwortet. Gastro.News hat den bodenständigen Betreiber zum Interview gebeten.

Gastro.News: Du warst schon als Kind Bestandteil des Familienbetriebs Landgasthaus Böhm. Hat es dich nie nach Wien gezogen, um dich in der Hauptstadt kulinarisch auszutoben?
Böhm: Höchstens zum Ausgehen. Wien war für mich immer zu viel Stadt. Natürlich habe ich von vielen Menschen gut gemeinte Ratschläge dahingehend bekommen. Und auch Objekte angeboten, die zu mir gepasst hätten. Meine Bühne ist aber hier und damit bin ich sehr zufrieden. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.

Man darf bei all der Euphorie nicht vergessen, dass es sich bei Bewertungen immer um eine Momentaufnahme handelt.

Michael Böhm

Gastro.News: Worin unterscheidet sich die Gastronomie am Land von der im städtischen Bereich?
Böhm: Wir sind bestimmt stärker auf unser Stammpublikum angewiesen. Das ist in Wien sicher anders, denn die Fluktuation und Zahl an potentiellen Gästen ist natürlich signifikant höher. Das bedeutet aber nicht, dass die Stammkunden in Wien unbedeutend sind. Am Land entscheiden diese aber häufig über Erfolg, oder eben auch das Ende eines Betriebs. Wien ist eine lebendige, pulsierende Stadt. Von früh bis spät. Bei uns ist es um 22:00 Uhr ruhig. Das ist bestimmt auch ein Unterschied.

Gastro.News: Das Landgasthaus Böhm wurde vom Gault & Millau mit zwei Hauben ausgezeichnet. Wie wichtig sind dir derart prestigeträchtige Auszeichnungen?
Böhm: In erster Linie ist es ein selbst auferlegter Druck. Natürlich freuen wir uns über namhafte Auszeichnungen. Damit motivieren wir auch neue Gäste, uns besuchen zu kommen. Man darf aber bei all der Euphorie nicht vergessen, dass es sich immer um eine Momentaufnahme handelt. Wir sind alle nur Menschen. Und Fehler können passieren. Daher halte ich es für falsch, dem ein übertriebenes Maß an Bedeutung zuzuschreiben.

Das Landgasthaus Böhm ©Culinarius

Gastro.News: Aber die Kritiker werden wieder kommen. Das ist so sicher wie das Amen im Gebet. Hast du den Ansporn, die zwei Hauben auch in Zukunft zu halten?
Böhm: Ja natürlich. Wir arbeiten laufend daran, uns zu verbessern. Im Service, genau wie in der Küche. Und auch die Anrichte der Gerichte ist in steter Entwicklung. Obwohl ich kein Mensch bin, der ein Gericht gerne mit Pinzette anrichtet. Solche Teller genieße ich nur, wenn sie vor mir stehen, oder ich sie im Fernsehen oder der Zeitung sehe. Ich halte es lieber puristisch.

Gastro.News: Wien kämpft mit einem starken Mangel an Fachkräften in der Gastronomie. Wie geht es euch im ländlichen Bereich damit?
Böhm: Natürlich bemerken auch wir, dass unsere Branche in den Medien zuletzt nicht besonders gut dargestellt wurde. Experten und Leute vom Fach kommentieren die Arbeitsverhältnisse und kritisieren die Bezahlung aufgrund des gültigen Kollektivvertrags. Wir zahlen längst über dem Kollektiv. Und damit sind wir nicht die Einzigen. Das ist aber kein Garant dafür, gutes Personal zu finden. Denn auch bei uns ist der Mangel an motiviertem Fachpersonal spürbar. Das betrifft aber denke ich alle Bereiche und Branchen, nicht nur die Gastronomie. Unterm Strich fehlen gute Arbeiter.

Ich bin kein Mensch, der ein Gericht gerne mit Pinzette anrichtet

Michael Böhm

Gastro.News: Um für potentielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Arbeitgeber attraktiv zu sein, muss man zuerst einmal wahrgenommen werden. Wie wichtig ist ein guter Online-Auftritt für einen Gastronomiebetrieb im Jahr 2021 und darüber hinaus?
Böhm: Also was das angeht, hat man heute keine Wahl mehr. Man muss als Betrieb Werbung in eigener Sache machen, um in der Fülle der Konkurrenz nicht unterzugehen. Dafür braucht es natürlich auch einen starken Auftritt im Internet, insbesondere in den Sozialen-Medien. Natürlich wird bei uns die Mundpropaganda noch in Ehren gehalten, sich nur darauf zu verlassen, halte ich aber für einen Fehler. Ziel ist es, Menschen zu erreichen, um sie zu motivieren, das Gasthaus zu besuchen. Über welche Kanäle das passiert, ist egal.

Gastro.News: Gibt es ein aktuelles Projekt, an dem du im Landgasthaus Böhm arbeitest?
Böhm: Ich habe immer Visionen und Ideen, die ich gerne verwirklichen möchte. Corona-bedingt ist man finanziell zwar etwas eingeschränkt, aufhalten lassen wir uns davon aber freilich nicht. Ich werde auf jeden Fall unseren Schankbereich neugestalten. Das Relikt und Überbleibsel vergangener Tage hat seinen Zweck mehr als erfüllt. Aber die 50er sind vorbei und auch wir haben uns entwickelt. Ohne dabei den Charme und das Flair im Betrieb zu gefährden.

Gastro.News: Und noch eine kulinarische Frage zum Schluss: Wenn du ein Gericht nennen musst, auf das du nicht verzichten kannst, welches wäre das?
Böhm: Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich liebe gekochtes Rindfleisch, aber auf ein schön blutiges Steak kann ich nicht verzichten.

Gastro News: Danke für das Gespräch.

Landgasthaus Böhm